Wie der Klimawandel fünf Regionen besonders trifft
Die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, sind am stärksten von der Klimakrise betroffen.
Die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, sind am stärksten von der Klimakrise betroffen.
Von heftigen Überschwemmungen in Pakistan bis hin zu anhaltenden Dürren in Ostafrika werden weltweit immer mehr klimabedingte Katastrophen gemeldet. Sie lösen Massenvertreibungen, Hunger und Versorgungsengpässe aus. Darüber hinaus sind vor allem die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben am stärksten betroffen - oft mit wenig Unterstützung der Hauptverursacher der Kohlenstoffemissionen.
Die 20 Länder, die weltweit 90 Prozent des humanitären Bedarfs abbilden, waren 2018 für nur knapp über 5 Prozent der Kohlenstoffemissionen verantwortlich. Einerseits verfügen diese Länder nicht über die nötigen Ressourcen, um auf die sich verschlechternden Klimabedingungen zu reagieren, andererseits sind sie besonders von den Folgen betroffen.
Erfahre mehr über fünf Regionen, die die Hauptlast der weltweiten Klimakrise tragen.
Die Meldung der Vereinten Nationen, dass „in Somalia eine Hungersnot bevorsteht”, ist ein deutliches Zeichen für die Klimakatastrophe, mit der die ostafrikanische Region konfrontiert ist. Somalia erlebt nun schon die fünfte Trockenperiode in Folge ohne ausreichende Niederschläge. Was ist das Resultat? Eine gravierende Dürre, die Nahrungsmittelknappheit verursacht.
Die Auswirkungen der Dürre sind sowohl für die somalischen Landwirt*innen als auch für die Lebensmittelversorgung des Landes verheerend. Missernten und Viehverluste aufgrund ausbleibender Niederschläge haben dazu geführt, dass sich die Unterernährungsrate seit Anfang 2022 verdoppelt hat. Die klimabedingte Dürre in Somalia hat Millionen von Menschen gezwungen aus der eigenen Heimat zu fliehen und den Bedarf an lebensrettender humanitärer Hilfe erhöht.
Millionen von Somalier*innen könnten in den kommenden Monaten von Hunger bedroht sein, wenn die führenden Politiker*innen der Welt die dringend benötigten Mittel für Nothilfe in dem Land nicht bereitstellen. Doch Somalia ist nicht das einzige Land in der Region, das mit immer schwerwiegenderen Klimakatastrophen zu kämpfen hat.
Auch die Nachbarländer Kenia und Äthiopien sind von klimabedingten Krisen betroffen. In Kenia haben Trockenperioden Millionen von Nutztieren getötet und die landwirtschaftliche Produktion vernichtet; infolgedessen herrscht nun für 3,5 Millionen Menschen akute Ernährungsunsicherheit. Inzwischen hat die äthiopische Regierung den nationalen Notstand ausgerufen.
Somalia, Äthiopien und Kenia machen zusammen 2,35 Prozent der Weltbevölkerung aus, verursachen aber nur 0,1 Prozent der gesamten globalen CO2-Emissionen. Millionen von Familien, die in Ostafrika leben, werden weiterhin von klimabedingten Katastrophen betroffen sein, wenn nicht dringend Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden.
Pakistan zählt zu einem der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Ländern der Welt. Derzeit bekommt kein Land die Auswirkungen der globalen Erwärmung stärker zu spüren. Durch die Überschwemmungen steht ein Drittel Pakistans unter Wasser, was zwei Dritteln der Fläche von Deutschland entspricht.
Die Überschwemmungen in Pakistan haben das Leben von 33 Millionen Menschen stark beeinträchtigt. Die Fluten töteten über 1400 Menschen und zerstörten 3,6 Millionen Hektar Ernten. Diese Zahlen könnten noch ansteigen, da während der Monsunzeit im Land weitere heftige Regenfälle erwartet werden.
Pakistan trägt wenig Verantwortung für die wachsende Klimakrise. Obwohl 2,68 Prozent der Weltbevölkerung in Pakistan leben, trägt das Land selber mit nur 0,6 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei.
In Afghanistan haben politische Unruhen und Konflikte die Auswirkungen des Klimawandels im ganzen Land weiter verschärft. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist das Land mit der schlimmsten Dürre konfrontiert, was die Landwirtschaft erschwert und die verfügbaren Nahrungsmittel reduziert.
Außerdem kommt es in einigen Regionen Afghanistans zu heftigen Überschwemmungen wie im benachbarten Pakistan. Auf den ersten Blick scheinen Dürren und Überschwemmungen nichts miteinander zu tun zu haben, doch diese beiden Naturkatastrophen sind eng miteinander verbunden. Wenn in Trockengebieten plötzlich heftige Niederschläge fallen, kann der Boden das Wasser nicht mehr ausreichend aufnehmen. Die Folge ist eine Sturzflut.
Im April 2019 kam es in Afghanistan zu einer tödlichen Sturzflut und im August 2022 verursachten starke Regenfälle Sturzfluten in mehreren Provinzen, bei denen über 180 Menschen ums Leben kamen.
Dieser Zyklus von Dürren und Sturzfluten wird sich in Afghanistan wahrscheinlich noch verstärken. Als eines der Länder, die am dringendsten humanitäre Hilfe benötigen, verfügt Afghanistan nicht über die notwendigen Mittel, um auf klimabedingte Katastrophen zu reagieren. Ähnlich wie die anderen hier aufgeführten Länder hat das Land nur sehr wenig zum weltweiten Klimawandel beigetragen. In Afghanistan leben 0,49 Prozent der Weltbevölkerung, aber es hat einen Anteil von nur 0,03 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes.
Im Jahr 2020 hat die bisher heftigste Wirbelsturmsaison des Atlantiks fast eine Million Honduraner*innen vertrieben, was fast 10 % der Bevölkerung entspricht. Anhaltende Dürreperioden haben auch die Landwirtschaft und die Agrarproduktion beeinflusst und zu erheblicher Ernährungsunsicherheit geführt.
Über 50 Prozent der Menschen in Honduras konnten sich im Jahr 2020 keine ausreichende Ernährung leisten. Im Jahr 2021 waren 3,3 Millionen Honduraner*innen von einer akuten Ernährungsunsicherheit betroffen.
Die wirtschaftlichen Folgen die durch den Klimawandel verursacht werden, können sehr komplex sein. Nehmen wir zum Beispiel die Erfahrung der 50-jährigen Kleinunternehmerin Aracely, die für die Ernte der Kaffeebohnen in ihrer Gemeinde verantwortlich ist. Als die Wirbelstürme Eta und Iota wüteten, verlor die Stadt ihre wichtigste Einnahmequelle.
Das stellt an sich schon eine große Herausforderung dar, aber in Honduras kann fehlendes Bargeld schwerwiegende Folgen haben. Nichtstaatliche bewaffnete Gruppen haben viel Macht im Land und erpressen lokale Unternehmen - und drohen mit Gewalt, wenn die Geschäftsinhaber*innen nicht zahlen. Als Aracely sich diese Gebühren nach dem Hurrikan nicht mehr leisten konnte, war sie gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen.
„Erpressung bedeutet, dass sie [nichtstaatliche bewaffnete Gruppen] eine hohe Summe an Geld verlangen und wenn man nicht zahlt, drohen sie einem", erklärte Aracely dem IRC. „Sie sagen, dass sie dich oder deine Familie töten werden und deshalb verlassen viele Menschen das Land. Wir haben keine andere Wahl."
Obwohl die Honduraner*innen erheblich unter den Folgen des Klimawandels leiden, tragen sie nur wenig zu den Ursachen dieses globalen Problems bei. In Honduras leben 0,12 Prozent der Weltbevölkerung, aber das Land ist nur für 0,03 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
Die Sahelzone in Afrika erstreckt sich über 10 Länder, in denen 135 Millionen Menschen leben. Das entspricht 40 Prozent der Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten. Die Länder der Sahelzone - Burkina Faso, Tschad, Eritrea, Gambia, Guinea-Bissau, Mali, Mauretanien, Niger, Senegal und Sudan - haben eines gemeinsam: Sie sind alle extrem stark vom Klimawandel betroffen.
Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen in der Sahelzone 1,5 Mal schneller als im globalen Durchschnitt. Der daraus resultierende Zyklus von Dürren und Überschwemmungen beschleunigt die Wüstenbildung. Mehr als 30 Millionen Menschen sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Es wird geschätzt, dass die landwirtschaftlichen Erträge in einigen Teilen der Sahelzone bis zum Ende des Jahrhunderts um schätzungsweise 20 Prozent pro Jahrzehnt sinken werden. Diese langen Dürreperioden in der Region haben auch zur Wüstenbildung geführt.
In den 10 Ländern der Sahelzone leben 2,19 Prozent der Weltbevölkerung, jedoch tragen sie nur 0,13 Prozent zu den gesamten CO2-Emissionen des Planeten bei.
Wie entstehen die weltweiten CO2-Emissionen?
Die fünf aufgeführten Länder und Regionen sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Jedes Land und jede Region auf dieser Liste trägt einen deutlich geringeren Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen bei. Somalia, Pakistan, Afghanistan, Honduras und die Sahelzone produzieren zusammen gerade einmal 0,89 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, obwohl sie 7,83 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.
Viele Länder mit fortschrittlicheren Volkswirtschaften stoßen im Vergleich zu ihrer Bevölkerungszahl deutlich höhere Mengen an CO2 aus. Die Vereinigten Staaten sind für 12,6 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich, obwohl sie nur 4,3 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Deutschland für 1,77 Prozent deer CO2-Emissionen und 1,06 Prozent der Erdbevölkerung.
IRC ist sich bewusst, dass der Klimawandel weltweit unterschiedliche Auswirkungen auf Gemeinschaften hat. Klimagerechtigkeit ist ein menschenrechtlicher Ansatz zur Bewältigung des gemeinsamen Klimaproblems. Dabei wird deutlich, dass die durch den Klimawandel verursachten Schäden am stärksten in den Bevölkerungsgruppen sind, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben. Für IRC bedeutet Klimagerechtigkeit, dass wir diese Ungleichheiten in unserer Arbeit aufgreifen. Das kann so aussehen, dass wir uns um die dringenden Bedürfnisse der am stärksten von Naturkatastrophen betroffenen Menschen kümmern. Es bedeutet auch, langfristige Strategien und Maßnahmen zu fördern, die diesen Gemeinschaften helfen, mit der Erderwärmung besser zurechtzukommen.
Junge Menschen wünschen sich zunehmend eine Welt, in der dies möglich ist. In den USA zum Beispiel glauben 61 Prozent der 18- bis 34-Jährigen, dass die internationale Gemeinschaft die Verantwortung hat, betroffenen Ländern wie Kenia, Äthiopien und Somalia zu helfen um die Auswirkungen des Klimawandels zu verringern.
Ein gemeinsames internationales Handeln ist notwendig, um eine bessere Zukunft für die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Menschen zu schaffen. IRC fordert die Staats- und Regierungschefs der Welt auf, Programme zu finanzieren, die sich für die Bekämpfung der Klimakrise einsetzen und die Gebiete zu unterstützen, die besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.
Der Klimawandel ist ein humanitäres Problem, welches IRC als Schwerpunkt seiner Arbeit ansieht. IRC arbeitet aktiv daran, betroffene Menschen dabei zu unterstützen auf künftige Klimakatastrophen zu reagieren, sich davon zu erholen sowie sich vorzubereiten. Wir helfen bei der Erarbeitung von Wetterkarten, bei der Entwicklung von Warnsystemen und bieten Ausbildungsangebote zum nachhaltigeren Leben an - und das alles unter besonderer Berücksichtigung der Rolle von Frauen und Mädchen.
IRC setzt sich gemeinsam mit anderem Organisationen für politische Veränderungen ein, um die Auswirkungen des Klimawandels zu verringern und betroffene Menschen auf der ganzen Welt zu unterstützen.