Länder-Fakten
- Bevölkerung: 8,8 Millionen
- Geflüchtete (ohne Ex-Jugoslawien): über 4.000
- Potentiell Staatenlose: über 2.000
- Position im Index der menschlichen Entwicklung: 67 von 189
IRC vor Ort
- Beginn der Aktivitäten: 1992 während des Jugoslawienkriegs bis 2004; wiedereröffnet 2015
Hunderttausende Menschen haben seit 2015 in Europa Zuflucht gesucht. Serbien, das auf der sogenannten Balkanroute liegt, war ein Zwischenstopp für viele Geflüchtete auf ihrem Weg nach West- und Nordeuropa. Seitdem die Grenzen geschlossen wurden, stecken einige Tausend Menschen unfreiwillig in Serbien fest. IRC versorgt die Betroffenen mit den wichtigsten Informationen und Ressourcen. Während und nach dem Jugoslawienkrieg hatte IRC über einen Zeitraum von zwölf Jahren fast eine Million Geflüchtete unterstützt.
Die Geflüchteten auf dem Balkan sind in Vergessenheit geraten. Mehrere Tausend Menschen sind entlang der Balkanroute gestrandet. Sie versuchen weiterhin nach Westeuropa zu gelangen, haben dafür aber praktisch keine sicheren und legalen Möglichkeiten. Verzweifelt riskieren viele ihr Leben und versuchen ihr Glück mit illegalen Schmugglern.
Durch die striktere Grenzsicherung vieler EU-Staaten, insbesondere entlang der Balkanroute, gelangen weniger Geflüchtete in die EU. Allerdings hat sich die Situation für die Menschen, die auf dem Balkan festsitzen, extrem verschlechtert. Sie können nicht weiterreisen, haben Angst davor, zurückzugehen und verharren unter schwierigsten Bedingungen.
Geflüchtete bleiben deshalb oft ein Jahr oder länger in Serbien, bis sie endlich eine Möglichkeit gefunden haben, weiterzuziehen – oder abgeschoben werden.
Viele Geflüchtete in Serbien möchten eigentlich Familienmitglieder in anderen europäischen Ländern erreichen. Die Familienzusammenführung verläuft allerdings langsam und Informationen über Möglichkeiten des Asylrechts sind oft unzuverlässig. Die meisten geflüchteten Kinder haben keinen Zugang zu formaler Bildung. Darüber hinaus leiden viele Geflüchtete unter psychischen Problemen. Die geschlossenen Grenzen und die fehlenden Perspektiven verschlechtern den seelischen Gesundheitszustand zusätzlich.
Ein Teil der Geflüchteten lebt außerhalb offizieller Flüchtlingslager. Sie trauen dem System nicht und versuchen ihr Glück mit Schmugglern. Doch außerhalb der Lager haben sie praktisch keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und tragen ein höheres Risiko, ausgebeutet zu werden. Besonders gefährdet sind Minderjährige, die von ihren Eltern – häufig aus Ländern wie Afghanistan – nach Europa geschickt wurden.
IRC hilft Menschen, deren Lebensgrundlagen durch Kriege, Konflikte und Naturkatastrophen zerstört wurden, ihre Leben zu verbessern.
Gemeinsam mit Partnern unterstützt IRC in Serbien geflüchtete Frauen, die verbalen, körperlichen und sexuellen Missbrauch erlitten haben, und bietet Opfern von Menschenhandel sichere Unterkünfte, Beratung und spezialisierte Dienste. Außerdem arbeitet IRC mit den serbischen Behörden zusammen, um geflüchtete Kinder in das formale Bildungssystem aufzunehmen.
Einen Schwerpunkt bildet die Unterstützung von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt. Hierfür kooperiert IRC mit einer lokalen Organisation, die sicherstellt, dass geflüchtete Frauen und Mädchen ihre Rechte kennen und einfordern sowie Zugang zu Gesundheitsversorgung und speziell Reproduktionsmedizin haben.
IRC engagiert sich in Serbien unter anderem durch:
- die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen sowie Schulungen deren Vertreter*innen, damit diese besser auf die Bedürfnisse der Betroffenen reagieren.
- die Weiterentwicklung der Kapazitäten lokaler Partner, um die Unterstützung für besonders schutzbedürftigen Frauen und Kindern sowie Überlebenden von Menschenhandel und Gewalt zu verbessern,
- die Unterstützung von Lobbyarbeit im Kampf gegen Menschenhandel und Gewalt,
- den Aufbau von therapeutischen Kunsthandwerkswerkstätten für Geflüchtete,
- die Unterstützung von mobilen Teams von Hilfskräften, die besonders schutzbedürftige Geflüchtete finden und sie an entsprechende Dienste überweisen,
- die psychologische Einzel- und Gruppenbetreuung für Überlebende von Menschenhandel, um traumatische Erlebnisse zu verarbeiten,
- die Bereitstellung reproduktiver Gesundheitsdienste für geflüchtete Frauen und Mädchen in staatlichen Aufnahmezentren,
- die Plattform Refugee.Info, die die wichtigsten Informationen zu Unterbringungsmöglichkeiten, Asyl und anderen Diensten zusammenfasst,
- die Aufklärung über Rechte und die Bereitstellung von Übersetzungsdiensten sowie das Anbieten von sicheren Räumen, um sich auszutauschen,
- gemeinsam mit Partnern der Ausbau des Healing-Classrooms-Ansatzes, um geflüchteten Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen,
- die Einrichtung von IT-Bereichen, damit Geflüchtete im Kontakt mit ihren Verwandten und Bekannten bleiben können.
Solange die rechtliche Situation und die legale Weiterreise der Geflüchteten in Serbien problematisch sind, bleibt die Arbeit von IRC von zentraler Bedeutung.
IRC wird weiterhin mit der serbischen Regierung und nicht-staatlichen Organisationen zusammenarbeiten, um die Dienste in den Unterkünften zu verbessern und gefährdete Gruppen zu unterstützen.
Ein zukünftiger Schwerpunkt der Arbeit in Serbien wird sein,schutzbedürftigen Menschen bei der Einkommensgenerierung zu helfen. Je länger die Menschen im Land bleiben, desto wichtiger sind langfristig angelegte Lösungen. Geflüchtete sollen in der Lage sein, sich sprachlich, technisch und auch unternehmerisch so zu bilden, dass sie lebenswerte und fair bezahlte Berufe finden können.