Bürgerkrieg schürt größte humanitäre Krise der Welt
- Der Krieg zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) fordert das Leben zahlloser Zivilist*innen.
- Mehr als 30 Millionen Menschen – über 64 Prozent der Bevölkerung – sind dringend auf Hilfe angewiesen. Dies macht Sudan zur größten humanitären Krise der Welt.
- Während der Dürreperiode 2024 hatten rund 750.000 Menschen in Sudan keinen Zugang zu ausreichend Nahrung und erlebten die schlimmste Form von Ernährungsunsicherheit.
- Ohne rasches Handeln, das Zivilist*innen und lebenswichtige Infrastruktur schützt, bleibt vielen Menschen in Sudan die dringend benötigte Hilfe verwehrt.
Länder-Fakten
- Bevölkerung: 47 Millionen
- Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind: 25 Millionen
- Menschen die durch den Konflikt seit April 2023 vertrieben wurden: über 10 Millionen
- Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind: 18 Millionen
IRC vor Ort
- Beginn der Aktivitäten: 1981
- Ausweitung der Programme auf sechs Standorte
Aufgrund der Kampfhandlungen zwischen rivalisierenden Teilen der sudanesischen Sicherheitskräfte herrscht in weiten Teilen Sudans ein weitverbreiteter Konflikt. Durch diese langanhaltende Krise in der gesamten Region sind mehr als 25 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Damit steht Sudan an oberster Stelle der IRC Emergency Watchlist 2024.
Am 15. April 2023 brach in Sudan ein Konflikt zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) aus. Damit endete die jahrelange Zusammenarbeit der beiden Gruppen.
Die Situation in Sudan war bereits zuvor geprägt von Bürgerkrieg und bewaffneten Aufständen. Zwei Bürgerkriege, die seit Jahrzehnten andauerten – der Anyanya-Aufstand und der zweite Sudanesische Bürgerkrieg – verursachten Vertreibungen, Unruhen und den Tod zahlreicher Menschen. Aufgrund der Unsicherheit im Land waren auch vor April 2023 viele Sudanes*innen innerhalb des Landes vertrieben. Der Konflikt in der benachbarten Region Tigray in Äthiopien führte zusätzlich zur Flucht von 60.000 Menschen in den Osten Sudans.
In den letzten Jahren haben extreme Wetterbedingungen wie Dürre und Überschwemmungen die Lebensgrundlagen vieler Menschen zerstört. Immer mehr Sudanes*innen waren dazu gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Die meisten von ihnen leben in ländlichen Gebieten und sind auf Regen angewiesen, um ihre Felder und Nutztiere zu versorgen. Heuschreckenschwärme sind über das Ackerland hergefallen. Sie haben die Ernten vernichtet und dazu beigetragen, dass die Lebensmittelpreise weiter steigen.
Ein Jahr ist seit Beginn der Kampfhandlungen in Sudan vergangen und 25 Millionen Menschen sind derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen – mehr als doppelt so viele wie je zuvor. In Sudan herrscht die derzeit größte Vertreibungskrise weltweit: Über 10 Millionen Menschen wurden vertrieben, 6,5 Millionen von ihnen innerhalb des Landes.
Sudan steht auch am Rande einer der schlimmsten Hungerkrisen der Welt. Immer mehr Menschen sind unmittelbar von einer Hungersnot bedroht. Derzeit sind mindestens 18 Millionen Menschen - mehr als 37 Prozent der Bevölkerung - von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. Der Mangel an verfügbaren, erschwinglichen Nahrungsmitteln bedroht ihr Leben. Zehn Millionen Menschen mehr als vor Ausbruch des Konflikts sind von akuter Ernährungssicherheit betroffen – die höchste Zahl, die jemals nach der Erntesaison von akuter Ernährungsunsicherheit verzeichnet wurde.
Eine Hungersnot bedroht fast fünf Millionen Menschen und könnte zahlreiche Verluste von Menschenleben zur Folge haben. In Sudan sind fast vier Millionen Kinder unter fünf Jahren mangelernährt. 700.000 davon sind von schwerer akuter Mangelernährung betroffen – der gefährlichsten und tödlichsten Form der Mangelernährung.
Grund für die Ernährungsunsicherheit und die katastrophale humanitäre Lage ist an erster Stelle der Konflikt. Der Konflikt zwingt Landwirt*innen dazu, ihr Land aufzugeben, hat die Märkte geschwächt und zu massiven Vertreibungen geführt. Die Lebensgrundlagen der Menschen sind beeinträchtigt, die öffentliche Versorgung unterbrochen und der Zugang zu Hilfsleistungen eingeschränkt.
Als Reaktion auf den wachsenden Bedarf hat IRC die Programme in Sudan aufgestockt und die Bereitstellung humanitärer Hilfe ausgebaut. Die Programmarbeit steht vor enormen operativen Herausforderungen in Sudan. Dazu gehören die Schließung einiger Büros und die Aussetzung von Programmarbeit in bestimmten Gebieten aufgrund der schwierigen Sicherheitslage. Doch IRC unterstützt weiterhin Menschen innerhalb und außerhalb Sudans:
- IRC stellt Dienstleistungen für Menschen innerhalb Sudan sowie sudanesische Geflüchtete in den Nachbarländern bereit. IRC bietet derzeit ein ganzheitliches Wasser-, Sanitär- und Hygieneprogramm (WASH) in Sudan an. Dazu kommen Kinderschutzprogramme und umfassende Schutz- und Empowermentmaßnahmen für Frauen und Mädchen, einschließlich von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt, sowie verschiedene Bargeldhilfsmaßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Menschen.
- Nach Ausbruch des Konflikts im April 2023, wurde ein neues Büro in Wad Madani im Bundesstaat Al Jazeera eröffnet. Tausende Binnenvertriebene waren aufgrund des Konflikts aus Khartum dorthin geflohen. In Wad Madani stand die Bereitstellung von Gesundheits- und Ernährungshilfe im Mittelpunkt, bis das Büro nach der Besetzung des Bundesstaates Al Jazeera durch die RSF im Dezember 2023 schließlich geschlossen werden musste. Die Mitarbeitenden und Programmarbeit wurden daraufhin an andere Orte verlegt.
- Aufgrund der Unsicherheit musste die Arbeit in den Bundesstaaten South Kordofan und Al Jazeera eingestellt werden. IRC ist weiterhin in den Bundesstaaten Blue Nile, White Nile und Gedaref tätig und wird die Programmarbeit auf den River Nile Bundesstaat ausweiten. Es gibt zudem ein Büro für Logistik und Koordinierung in Port Sudan.
- In Khartum arbeitet IRC in Zusammenarbeit mit gemeindegeführten Gruppen. IRC hat außerdem die direkte Arbeit in den zugänglichen Teilen Khartums wieder aufgenommen.
Die Zahl der Menschen in Sudan, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, steigt weiter. Gleichzeitig werden immer mehr Menschen durch den anhaltenden Konflikt aus ihren Häusern vertrieben. IRC weitet die Programmarbeit vor Ort aus und bietet zusätzliche Dienstleistungen an, wie beispielsweise die Unterstützung für Frauen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind. Die Programmarbeit soll zukünftig auch weitere Teile des Landes erreichen.