Auszüge aus dem Handbuch „Healing Classrooms”
Was ist toxischer Stress?
Krisen und Konflikte wirken sich direkt und tiefgreifend auf das Wohlbefinden und die Lernfähigkeit von Kindern und Jugendlichen aus. Neurologische Untersuchungen belegen physiologische toxische Stressreaktionen bei Kindern, die Kriegen oder Konflikten ausgesetzt waren. Diese hemmt die Entwicklung ihres Gehirns und wirkt sich auf ihre körperliche und geistige Gesundheit, ihre kognitiven Fähigkeiten, ihr Verhalten sowie ihre sozialen Beziehungen aus.
Dieser Effekt kann jedoch umgekehrt werden. Kinder sind bemerkenswert resilient, also widerstandsfähig. Mit der richtigen Unterstützung werden die negativen Effekte von Leid und Stress gemindert und Kinder wachsen gesund auf, lernen und spielen.
Wie entsteht toxischer Stress?
In verschiedenen Bereichen des Gehirns befinden sich Neuronen. Wenn sich das Gehirn eines Kindes weiterentwickelt, bilden diese Neuronen neue Verbindungen. Diese helfen dem Kind, sich in den Bereichen Verhaltenskontrolle, motorische Fähigkeiten, Sprache, Sehen, Gedächtnis und Emotionen weiterzuentwickeln. In einem sicheren und vorhersagbaren Umfeld mit positiven und verlässlichen Beziehungen zu Erwachsenen kann sich das Gehirn eines Kindes gesund entwickeln und starke Verbindungen zwischen den Nervenzellen bilden.
Wenn Kinder über längere Zeit starkem Stress ausgesetzt sind, beeinträchtigt dies die Entwicklung des Gehirns. Verbindungen zwischen Nervenzellen lösen sich wieder. Dadurch leidet die Lernfähigkeit und Konzentration. Kindern fällt es schwerer, Freundschaften zu schließen. Sie sind weniger zuversichtlich. Auch andere Verhaltensauffälligkeiten sowie bleibende körperliche und geistige Schäden können eintreten.
Die negativen Folgen von toxischem Stress können aufgehalten oder rückgängig gemacht werden. Wichtig ist ein sicheres und beständiges Umfeld für Kinder, in dem sie spielen und lernen und ihnen ein fürsorglicher Erwachsener zur Seite steht. Emotionales und soziales Lernen gezielt zu fördern, wirkt sich positiv aus.
IRCs Arbeit zu toxischem Stress
Die Arbeit von IRC basiert auf Forschungen zu toxischen Stress sowie sozial-emotionalen Lernprogrammen, die Resilienz, das Verhalten und die schulische Leistung der Kinder und Jugendlichen verbessern. Hier drei Beispiele – aus der internationalen Projektarbeit und aus Deutschland.
3EA – Education in Emergencies: Evidence for Action
Seit 2016 setzt IRC gemeinsam mit dem internationalen Forschungszentrum „Global TIES for Children” der New York University die Partnerschaft „Education in Emergencies: Evidence for Action (3EA)” um. Geflüchtete Kinder aus Syrien nahmen dabei im Libanon an dem „Healing-Classrooms“-Programm von IRC teil. Bereits nach vier Monaten zeigte sich eine erhebliche Verbesserung der Lese- und Rechenkenntnisse. Mehr dazu im Bericht „IRC Healing Classrooms Retention Support Programming Improves Syrian Refugee Children’s Learning In Lebanon”.
IRC und die Sesamstraße
In Kooperation mit dem „Sesame Workshop“ – der Bildungsorganisation hinter der Sesamstraße – entwickelte IRC Bildungsangebote für geflüchtete Kinder in Syrien, im Libanon und im Irak. Ziel ist es, die sozialen und emotionalen Kompetenzen der Kinder zu fördern und somit Folgen von toxischen Stress abzubauen.
Berlin kickt
Im Rahmen des Projekts „Berlin kickt“ arbeitet IRC mit Lehrkräften und „School Football Workern“ daran, wie geflüchtete Grundschulkinder in der Schule und im Training mit ihrem toxischen Stress umgehen.
Weitere Informationen
Unser deutschsprachiges „Healing Classrooms“-Handbuch zeigt viele verschiedene Übungen zu sozial-emotionalem Lernen und damit Möglichkeiten, toxischem Stress zu begegnen.
Über Forschungsergebnisse zu toxischem Stress klärt das „Center on the Developing Child“ der Harvard University auf, u.a. in einem Kurzvideo.