Die COVID-19-Pandemie hat selbst für die wohlhabendsten Länder große wirtschaftliche Verluste mit sich gebracht. Besonders bedrohlich ist die Lage für Menschen in Krisengebieten, deren Lebensgrundlagen durch das Virus unverhältnismäßig stark gefährdet sind.
Schon vor der Pandemie hatten die Jemenit*innen mit einem massiven Anstieg der Nahrungsmittelpreise zu kämpfen. Das Coronavirus hat die Krise im Land durch eine Unterbrechung der Devisenzuflüsse noch verschärft. Abriegelungen in anderen Ländern stören die globalen Versorgungsketten, treiben Transportkosten in die Höhe und verzögern die Lieferung von Grundnahrungsmitteln in ein Land, das 90% seiner Nahrungsmittel importiert.
Vor diesem Hintergrund bedeutet der starke Wertverfall der jemenitischen Währung in Verbindung mit stagnierenden Löhnen, dass die Bevölkerung Mühe hat, ihre Grundbedürfnisse zu decken. Im siebten Jahr seit Ausbruch des Krieges sind über 67% der jemenitischen Bevölkerung auf Nothilfe angewiesen.
Asrar Mohammed Basem ist eine 30-jährige Mutter, die im Camp Al-Sawda im Gouvernement Al-Dhale'e in Südjemen lebt. Sie erklärt, wie sich die Preissteigerungen auf ihre Familie ausgewirkt haben. „Zu den aktuellen Preisen können wir nichts mehr kaufen“, sagt Asrar. „Ein Sack Mehl kostete früher 5000 bis 6000 jemenitische Rial (YR, etwa 6 Euro). Jetzt kostet er 8500 YR (etwa 8 Euro). Wenn wir Mehl kaufen, können wir keinen Zucker und kein Öl mehr kaufen.“
Die steigenden Lebensmittelpreise zwingen Familien in Jemen zu ungesunden Bewältigungsstrategien. Von IRC durchgeführte Umfragen verdeutlichen den Ernst der Lage: 66% gaben an, die Anzahl der täglichen Mahlzeiten zu reduzieren, 74% greifen auf relativ preiswerte Lebensmittel zurück, 68% begrenzen ihre Portionsgrößen zu begrenzen und 57% der Erwachsenen lassen Mahlzeiten ausfallen, um ihren Kindern genug Nahrung zu geben.
Asrar und ihr Ehemann leben mit ihren sieben Kindern zusammen. Um arbeiten zu können, mietet der Vater täglich ein Motorrad, für das er 1000 YR (etwa 1 Euro) an den Besitzer zahlt. Dies ermöglicht ihm genug Einkommen, um relativ preiswerte Lebensmittel zu kaufen.
Da die meisten Mahlzeiten der Familie aus Brot und Tee bestehen, sind Asrars Kinder zunehmend durch akute Unterernährung und den damit verbundenen Krankheiten gefährdet. Ihre jüngste Tochter Tahani hat in Folge der Lebensmittelknappheit eine Blutarmut entwickelt.
Finanziert durch die Europäische Union, betreibt IRC mobile Kliniken in Südjemen. Diese bieten Untersuchungen und Behandlung von Unterernährung an. Viele der Familien, die das IRC-Gesundheitspersonal vor Ort erreicht, teilen ähnliche Geschichten.
„Sie war stark unterernährt, weil wir keine vollwertigen Mahlzeiten hatten“, erklärt Asrar. „Ich konnte es mir nicht leisten, sie in ein privates Krankenhaus zu bringen. Wenn wir in ein öffentliches Krankenhaus gingen, gaben sie uns Medikamente zur Behandlung ihres Fiebers und sagten uns, wir sollten den Rest von außerhalb kaufen. Die Medikamente kosten 7000 YR (etwa 7 Euro) - das konnten wir uns einfach nicht leisten.“
Die Schilderungen von Taqwa Hassan Ali, einer 20-jährigen Mutter, die im Camp Al-Sahdah lebt, klingen ähnlich. Im Oktober 2020 kosteten Grundnahrungsmittel wie Weizen, Reis, Öl, Zucker und Mehl mehr als doppelt so viel wie zu Beginn des Konflikts.
„Die steigenden Preise verschlechterten unsere finanzielle Situation sehr“, sagt Taqwa. „Wir waren nicht einmal in der Lage, das Krankenhaus zu besuchen oder Medikamente für unsere Kinder zu kaufen.“ Taqwa und ihr Mann Mohammed mussten persönliche Gegenstände verkaufen, wenn ihre Kinder krank wurden.
Mit der Unterstützung der von der EU finanzierten mobilen Gesundheitskliniken des IRC - zu denen auch eine mobile Apotheke gehört - hat die Familie wieder Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten für ihre Kinder. „Das macht einen großen Unterschied in unserem Leben“, sagt Mohammed. „Vorher konnten wir nicht einmal zum Arzt. Durch die mobile Klinik erhalten wir Nahrung für unsere Kinder und Medikamente. Wir haben sehr von diesen Angeboten profitiert.“
Trotz aller Rückschläge sind Asrar und Taqwa voller Hoffnung für die Zukunft ihres Landes und ihrer Familien. „Ich wünsche mir, dass der Krieg endet und meine Kinder wieder in Sicherheit leben können“, sagt Asrar. „Wenn es meinen Kindern besser geht, geht es auch mir besser.“
Gemeinsam mit der Generaldirektion Civil Protection and Humanitarian Aid Operations der EU leisten wir lebensrettende Unterstützung für Menschen auf der ganzen Welt, die von Konflikten und Katastrophen betroffen sind.