Wie ein mobiles Gesundheitsteam Mangelernährung in Jemen behandelt
In Jemen herrscht eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit. IRC hilft vertriebenen Familien mit mobilen medizinischen Teams, die von der EU finanziert werden.
In Jemen herrscht eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit. IRC hilft vertriebenen Familien mit mobilen medizinischen Teams, die von der EU finanziert werden.
Der anhaltende Konflikt und die schlechte wirtschaftliche Lage in Jemen haben zum Zusammenbruch öffentlicher Gesundheitsdienste geführt. Millionen von Angestellten, wie zum Beispiel Gesundheitspersonal, erhalten keine regelmäßigen Gehaltszahlungen mehr. Gleichzeitig sind die Fälle von Mangelernährung im Land extrem angestiegen.
IRC leistet seit 2015 Gesundheitsversorgung in Jemen. Derzeit bieten wir in sieben Gouvernementen mit mobilen Gesundheitsteams grundlegende medizinische Dienstleistungen an. Diese umfassen:
Mithilfe der Finanzierung durch die Europäische Union (EU) können diese mobilen Kliniken Familien in schwer zugänglichen Regionen, ohne Zugang zu Gesundheitseinrichtungen, erreichen.
In Jemen kommt es nach wie vor häufig zu Krankheitsausbrüchen von Cholera, Dengue-Fieber, Malaria und Masern. Das Risiko einer Ansteckung ist dabei für Frauen und Kinder besonders hoch. Angesichts der wirtschaftlichen Instabilität leben fast 80 Prozent der Familien in extremer Armut. Sie schaffen es kaum, genügend Lebensmittel zu kaufen, um ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken.
Aufgrund der zunehmenden Ernährungsunsicherheit sind in Jemen aktuell über 17 Millionen Menschen dringend auf Schutz angewiesen. Frauen und Mädchen sind zusätzlich einem erhöhten Risiko von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt.
Viele Familien in Jemen haben keinen anderen Ausweg, als ihre Kinder zu verheiraten oder sie aus der Schule zu nehmen, damit sie arbeiten können. Zudem sind etwa 2,2 Millionen Kinder unter 5 Jahren von akuter Mangelernährung betroffen.
Asriya Abdo Hassan ist 28 Jahre alt und Mutter von Zwillingen. Die Familie wurde vertrieben und lebt nun in der Notunterkunft Sahdah im südlichen Gouvernement Al-Dhale‘e.
Zuvor lebten Asriya und ihre Familie im Bezirk Hodeidah, wo sie ein eigenes Haus und Rinder besaßen. Doch ihr Dorf wurde durch Luftangriffe bombardiert.
„Krieg, Bombardierungen, Panzer und Raketen haben uns aus unserer Heimat vertrieben. Wir ließen unsere Tiere und unser Haus zurück und nahmen nichts mit außer Kleidung. Wir konnten kaum uns selbst retten. Wir hatten keine andere Wahl als zu fliehen.“
Die Familie hat Schwierigkeiten, sich die nötigsten Dinge leisten zu können, wie Matratzen für ihr Zelt oder Lebensmittel. Asriyas Mann findet zurzeit keine Arbeit und die Lebensmittelpreise sind extrem angestiegen
Aufgrund der Nahrungsmittelknappheit zeigten Asriyas neun Monate alte Zwillinge Abdo und Asma Anzeichen von extremer Mangelernährung.
„Niemand hat geglaubt, dass sie überleben würden. Ich konnte weder essen noch trinken, weil sie so krank waren. Ich saß neben ihnen und dachte, dass sie sterben würden.“
Schließlich wurden die Kinder in einer von der EU finanzierten mobilen IRC-Kliniken behandelt. „Ich erzähle Abdo und Asma oft, dass sie IRC ihr Leben zu verdanken haben“, sagt sie.
Das mobile Gesundheitsteam misst das Gewicht und die Größe eines Kindes, um festzustellen, ob es Ernährungshilfe benötigt. Mit Hilfsmitteln wie dem „MUAC-Band“ zur Messung des mittleren Oberarmumfangs können sie auch den Schweregrad der Mangelernährung eines Kindes feststellen.
Angesichts der wachsenden Lebenshaltungskosten spielt die EU-finanzierte Klinik eine entscheidende Rolle für Familien wie Asmas. Kriegsbedingt vertriebene Familien finden hier dringend benötigte Unterstützung. Zudem erhalten alle Klient*innen kostenfreie Behandlungen, was in diesen herausfordernden Zeiten eine große Entlastung darstellt
Vor der Behandlung gegen Mangelernährung waren die Zwillinge sehr schwach und kaum in der Lage, etwas zu essen oder ihre Augen zu öffnen. Doch zur Erleichterung ihrer Mutter war die Behandlung erfolgreich. Abdo und Asma lachen, krabbeln und spielen jetzt wieder.
Dr. Ala'a Mohammed, Ernährungsberater von IRC in Jemen, leitet das durch die EU finanzierte mobile Gesundheitsteam. Die mobilen Kliniken werden in Notunterkünften wie Sahdah eingesetzt, wo es an grundlegender Versorgung fehlt. Sie helfen vertriebenen Familien, die dringend medizinische Unterstützung benötigen.
„In den meisten Notunterkünften fehlt es an grundlegender Gesundheitsversorgung, angemessenen Unterkünften und medizinischer Unterstützung“, beschreibt Dr. Ala'a die schlimmen Zustände. „Die meisten haben auch keine Wasserversorgung und kein Abwassersystem.“
Er erklärt, dass die meisten Menschen zu Beginn des Krieges im Jahr 2015 ihre Arbeit verloren haben. In Jemen werden 90 Prozent aller Lebensmittel aus dem Ausland importiert. Die Unterbrechung der globalen Lieferketten und die Wertminderung des Jemen-Rial haben dazu geführt, dass sich die meisten Menschen keine Lebensmittel und Medikamente mehr leisten können.
In der mobilen IRC-Gesundheitsklinik arbeiten Ärzt*innen, eine Hebamme für schwangere und stillende Frauen, ein*e Apotheker*in für die Ausgabe von Medikamenten, ein*e Ernährungsberater*in zur Überwachung der Mangelernährung bei Kindern sowie ein Familienberatungsdienst. Außerdem bietet IRC Impfungen an.
Um Asriya und ihre Kinder gesund zu halten, geben die Hebammen wertvolle Ratschläge zur gesunden Ernährung. Sie beraten auch schwangere Frauen und Mütter in der Notunterkunft, wie sie sich und ihre Kinder richtig versorgen können
Trotz der schwierigen Lage im Land und der Abgeschiedenheit einiger Orte leistet das mobile IRC-Gesundheitsteam betroffenen Menschen weiter Hilfe.
„Wenn wir Kinder sehen, die sehr krank sind, behandeln wir sie so lange, bis sie sich erholt haben und wieder ganz gesund sind“, sagt Dr. Ala‘a und beschreibt, was sein Team antreibt. „Diese Erfolge motivieren uns sehr. Wir sind immer für die Bedürfnisse der Kinder und aller Menschen in den Notunterkünften da.“
IRC ist seit 2012 in Jemen tätig. Um die steigenden humanitären Bedarfe zu decken, hat IRC die Maßnahmen im Jahr 2015 massiv ausgeweitet. Auch wenn der anhaltende Konflikt und die Beschränkungen der Luft- und Seehäfen eine Herausforderung darstellen, unterstützen unsere 348 Mitarbeitenden und 648 bezahlten Freiwilligen im Land weiterhin betroffene Menschen. Sie leisten ihnen wichtige medizinische Versorgung sowie Unterstützung bei der wirtschaftlichen Selbstbestimmung und in den Bereichen Schutz und Stärkung von Frauen sowie Bildung.
Gemeinsam mit der Generaldirektion Civil Protection and Humanitarian Aid Operations der EU leisten wir lebensrettende Unterstützung für Menschen auf der ganzen Welt, die von Konflikten und Katastrophen betroffen sind.