Seit dem Beginn des Syrien-Konflikts im März 2011 tragen Zivilist*innen die Hauptlast der Gewalt und haben unermesslichem Leid standgehalten. Ihre Gesundheitseinrichtungen sind besonders hart getroffen, obwohl sie völkerrechtlich vor Angriffen geschützt sind und in Zeiten großer Not sichere Orte sein sollten.
Selbst als sich die COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 ausbreitete, hielten die Angriffe an, zerstörten Krankenhäuser, töteten medizinisches Personal und hinderten viele daran, lebensrettende medizinische Hilfe zu erhalten. Syrische Ärzt*innen riskierten ihr eigenes Leben, um inmitten schrecklicher Gewalt medizinische Versorgung zu leisten, trotz fehlender Ausrüstung und Medikamente.
Inmitten der Zerstörung
59 % der Zivilisten im Nordwesten Syriens sind direkt von einem Angriff auf Gesundheitseinrichtungen betroffen.
„Am Wichtigsten ist, dass die Bombardierung aufhören. Damit unsere Leute zumindest sicher sind, müssen die Krankenhäuser sicher sein." — Basel*, Verwaltungsmitarbeiter in einem Krankenhaus in Idlib.
12 Millionen Syrer*innen benötigen medizinische Hilfe, und etwa ein Drittel greiftt regelmäßig Reproduktiv-, Mütter-, Neugeborenen- und Kindergesundheitsdienste zurück.
„Mein Haus wurde bombardiert, als ich schwanger war. Ich litt an starken Blutungen und verlor mein erstes Kind. Ich konnte nicht in die Klinik gehen, weil ich Angst vor Bombenanschlägen hatte." — Layla* aus Atareb, Aleppo
56 % der Syrer*innen haben angesichts des hohen Risikos von Anschlägen Angst, in der Nähe einer Gesundheitseinrichtung zu leben.
„Der Tod ist besser als neben einer Gesundheitseinrichtung zu leben. " – Noor* von Maaret Tamsrin
84 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen geben an, dass Angriffe auf das Gesundheitswesen sie selbst, ihr Team oder ihre Patienten direkt betreffen. 81 % kennen Patient*innen oder Kolleg*innen, die bei Anschlägen getötet wurden.
„Zwischen einer Bombe und der nächsten hat es sich angefühlt, als würde unser Leben vor unseren Augen vorbeiziehen. Nicht nur für mich, sondern auch für die Kinder, die noch nichts auf dieser Welt gesehen haben." — Ghaith,* Krankenschwester in einer IRC-Klinik, impfte gerade Säuglinge, als ein Angriff begann
Jede vierte Person, die im Gesundheitswesen arbeitet, ist Zeug*in von Angriffen. Die zerstörten Einrichtungen werden nach den Angriffen nicht mehr repariert oder restauriert. Daher errichten viele Menschen Einrichtungen an unkonventionellen Orten wie Höhlen, Privathäusern und unterirdischen Kellern.
„Wenn wir jemanden vorbeifahren hören, zum Beispiel auf einem Motorrad oder in einem anderen Fahrzeug, denken wir: Jetzt beginnt der Angriff, jetzt werden wir jemanden verlieren, jetzt werden wir unter der Erde begraben." — Zain,* Krankenpflegerin auf der Frauenstation.
Nur 64 % der Krankenhäuser und 52 % der primären Gesundheitszentren in ganz Syrien sind funktionsfähig. Schätzungsweise 70 % der Beschäftigten im Gesundheitswesen sind aus dem Land geflohen.
„Was wir durchgemacht haben, hat unsere Psyche stark beeinflusst. Wenn du deinen Bruder oder deinen Freund oder Sohn mit abgeschnittener Hand oder abgeschnittenem Bein siehst... das ist eine Situation, die kein Verstand fassen kann. Aber mit der Widerstandsfähigkeit des medizinischen Personals, der Widerstandsfähigkeit derjenigen, die die Arbeit organisieren und mit Gottes Unterstützung, blieb unser Krankenhaus in Betrieb und leistete diese außergewöhnlichen Dienste." — Saleh*, leitende Krankenpflegerin in einem Krankenhaus in der Stadt Idlib
Wie IRC hilft
Während sich die Welt darauf konzentriert, nach dem Ende der Coronavirus-Pandemie zur Normalität zurückzukehren, können sich die Syrer*innen eine Rückkehr zum Status quo nicht leisten. IRC fordert die Vereinten Nationen und die Staats- und Regierungschef*innen der Welt auf, die Rechenschaftspflicht für Verstöße gegen das Völkerrecht zu verstärken und sicherzustellen, dass die Menschen in Syrien die medizinische Versorgung erhalten, die sie benötigen. Nach zehn Jahren unerbittlichen Konflikts verdienen die Syrer*innen die Anerkennung und den Schutz ihrer Rechte.
IRCs Arbeit in Syrien
IRC arbeitet seit 2012 in Syrien und unterstützt schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, die unter Gewalt, Vertreibung und Armut leiden. Wir haben uns mit lokalen Organisationen zusammengetan, um Medikamente, Vorräte und sonstige medizinische Ausrüstung auch unter schwierigsten Bedingungen konstant zur Verfügung zu stellen. Wir betreiben Kliniken und haben mobile Teams im Einsatz, um lebensrettende Traumahilfe und reproduktive Versorgung anzubieten. Darüber sind mehrere Krankenwagen unterwegs, von denen fünf nur für COVID-19-Patient*innen gedacht sind. Menschen, die mit dem Virus infiziert sind, werden darin zu Testeinrichtungen und zur weiteren Behandlung transportiert. Unsere Reaktion auf die Pandemie umfasst auch öffentliche Aufklärungskampagnen und Schulungen von Gesundheitspersonal in der Infektionsprävention und -bekämpfung.
„Wir machen weiter, egal was kommt.", sagt Taj-aldein Alkaisi, stellvertretender Interimsdirektor bei IRC in Syrien. "Wenn Menschen Hilfe brauchen, ist unser Team da, um sie zur Verfügung zu stellen. Selbst wenn sie selbst mit dem Schlimmsten konfrontiert sind, hört die Motivation unserer Mitarbeitenden nicht auf. Es ist ihr unermüdliches Engagement und ihre Entschlossenheit, Menschen zu helfen, die unsere Arbeit in Syrien möglich machen."
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