Seit den letzten Europawahlen vor fünf Jahren hat sich die Situation in vielen Teilen der Welt dramatisch verändert. Mehr als doppelt so viele Menschen benötigen humanitäre Hilfe. Mittlerweile sind 350 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen.
Vor den Europawahlen 2024 fordert International Rescue Committee (IRC) das Europäische Parlament dazu auf, auf die erhöhten humanitären Bedarfe und die verheerenden Krisen weltweit zu reagieren.
Was bedeutet die Europawahl 2024 für die EU?
Alle fünf Jahre wählen die EU-Bürger*innen ihre Vertreter*innen im Europäischen Parlament. Bei der Wahl am 9. Juni 2024 wählen wir die Politiker*innen, die uns ein halbes Jahrzehnt lang vertreten werden.
Das Europäische Parlament ist das einzige direkt gewählte Organ der EU. Es entscheidet zusammen mit dem Rat der Europäischen Union über Gesetze und den Haushalt. Im Rat sitzen die Minister*innen der Regierungen der einzelnen EU-Länder.
Wie viele deutsche Abgeordnete sitzen im Europäischen Parlament?
Deutschland entsendet 96 Abgeordnete in das Europäischen Parlament. Nach den Wahlen im Jahr 2024 wird das Europäische Parlament insgesamt 720 gewählte Abgeordnete haben, im Vergleich zu aktuell 705. Die Anzahl der Sitze pro Staat wird entsprechend der Bevölkerungszahl der einzelnen EU-Mitgliedstaaten verteilt.
Die EU besteht aus insgesamt 27 Mitgliedstaaten. Deutschland ist seit 1951 mit Frankreich, Belgien, Italien, Luxemburg und den Niederlanden eines der Gründungsmitglieder der Europäischen Gemeinschaften, dem Vorläufer der EU. Kroatien ist seit 2013 der jüngste Mitgliedstaat.
Warum deine Stimme bei den Europawahlen 2024 wichtig ist
Die im Europäischen Parlament getroffenen Entscheidungen beeinflussen unser tägliches Leben. Viele der in Deutschland geltenden Gesetze resultieren ebenfalls aus EU-Entscheidungen. Die Europawahl 2024 bietet eine wichtige Gelegenheit, mitzubestimmen, welche Interessen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zukünftig auf europäischer Ebene vertreten.
Die EU hat sowohl die Mittel als auch den Einfluss, um einige der drängendsten globalen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen: Klimawandel, Migration, Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Mit ihren 27 Mitgliedstaaten ist die EU eine starke internationale Kraft. Sie arbeitet mit staatlichen und nichtstaatlichen Akteur*innen zusammen, leistet internationale Hilfe und entscheidet über eine Reihe grundlegender politischer Fragen.
Bist du unsicher, wen du wählen sollst?
- Lies die Umfrage der Landeszentrale für politische Bildung, um zu erfahren, welche deutschen Parteien sich für globale Gerechtigkeit, Umwelt- und Klimaschutz, Geschlechtergleichstellung und Hilfe auf EU-Ebene einsetzen wollen.
- Nutze den Wahl-O-Mat zur Europawahl 2024, um deine Meinung zu verschiedenen politischen Themen mit den Positionen der verschiedenen Parteien zu vergleichen.
Die wichtigsten Themen für die Europawahl 2024
Vor der Europawahl 2024 setzt sich IRC für eine Europäische Union ein, die auf wachsende humanitäre Bedarfe und verheerende Krisen weltweit reagieren kann. In dem Bericht „Raise the Bar“ macht IRC konkrete Vorschläge, wie die EU ihre Zusagen erfüllen und mehr Menschen mit humanitärer Hilfe erreichen kann.
Hier findest du vier der wichtigsten politischen Bereiche, in denen die EU aktiv ist. Dazu gibt IRC Vorschläge für Maßnahmen auf EU-Ebene.
Asylpolitik in der EU
Seit der letzten Europawahl im Jahr 2019 ist die Zahl der Geflüchteten weltweit um fast 40 Prozent gestiegen. 2019 lag die Gesamtzahl der Vertriebenen bei 79,46 Millionen. Diese Zahl stieg auf 82,38 Millionen im Jahr 2020 und 89,32 Millionen Folgejahr 2021. Bis Ende 2022 erreichte sie 108,4 Millionen. Aktuell sind mehr als 110 Millionen Menschen auf der Flucht.
Die Menschen müssen mit Würde und Respekt aufgenommen werden. Dabei sollte die EU für eine faire und menschenwürdige Asyl- und Migrationspolitik sorgen.
Deshalb fordert IRC die EU auf:
- die Einführung des neuen Union Resettlement Framework (URF) voranzutreiben. Dabei darf die Anzahl der aufgenommen Geflüchteten jedoch in keinem Fall zu einer allgemein restriktiveren Asylpolitik führen.
- sicherzustellen, dass der neue EU-Pakt zu Migration und Asyl die Menschenrechte schützt, anstatt sie zu auszuhebeln.
- unabhängige Akteur*innen einzubinden, welche die Einhaltung der Menschenrechte überwachen.
Die Reaktion der EU auf den Krieg in der Ukraine zeigt, dass Europa in der Lage ist, sichere Wege, Zugang zu Bildung, Beratung und Gesundheitsversorgung für Menschen auf der Flucht zu ermöglichen. Dies muss die Norm sein – nicht die Ausnahme.
Klimatpolitik in der EU
Die EU muss in innovative Lösungen investieren, um die Auswirkungen der Klimakrise abzumildern. Besonders gefährdeten Ländern muss Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel geboten werden.
Um die Anpassung an den Klimawandel zu ermöglichen, sollte die EU:
- Gezielte Klimafinanzierung für konfliktbetroffene und besonders vom Klimawandel gefährdete Länder bereitstellen, die diese am dringendsten benötigen.
- Die Mittel zur Unterstützung der Anpassung an den Klimawandel aufstocken.
- Wirksame Maßnahmen gegen Mangelernährung einsetzen. Die Auswirkungen des Klimawandels verstärken Ernährungsunsicherheit und Hunger. Fast 350 Millionen Menschen leben in akuter Ernährungsunsicherheit. Das ist ein Anstieg von 160 Prozent seit der letzten Europawahl vor fünf Jahren.
Es gibt keine Entschuldigung für Untätigkeit. Wenn die EU jetzt handelt, kann sie Millionen von Menschen beim Umgang mit den verheerenden Folgen der Klimakrise unterstützen.
Humanitäres Völkerrecht in der EU
Die verheerende Situation der Zivilbevölkerung in Gaza und Ländern wie Sudan und der Ukraine muss ein Ende haben. Die Zivilbevölkerung braucht dringend Schutz und lebenswichtige Unterstützung.
Die Durchsetzung des Humanitären Völkerrechts erfordert ein entschlossenes Handeln der EU:
- Rechenschaftspflicht für Verletzungen des Humanitären Völkerrechts fordern.
- Schutz und Förderung des Zugangs zu humanitärer Hilfe in Krisen- und Konfliktgebieten sicherstellen.
Fast 300 Millionen Menschen sind weltweit auf humanitäre Hilfe angewiesen. Damit hat sich die Zahl in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. Die EU muss dringend handeln, um die Zivilbevölkerung zu schützen und den Zugang zu humanitärer Hilfe zu gewährleisten. Nur so können die am meisten gefährdeten Menschen in Krisen und Konflikten erreicht werden.
Geschlechtergleichstellung bei EU-Hilfsmaßnahmen
Frauen und Mädchen sind unverhältnismäßig stark von humanitären Krisen betroffen und häufiger geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt.
Humanitäre Hilfe ist effektiver, wenn Frauen aktiv in die Planung und Umsetzung einbezogen werden. Um geschlechtergerechte Hilfe zu gewährleisten, muss die EU:
- Den Zugang zu Finanzmitteln für von Frauen geführten Organisationen erleichtern. Laut UN laufen 89 Prozent dieser Organisationen sonst Gefahr, ihre Arbeit einstellen zu müssen.
- Feministische Ansätze ausdrücklich in die EU-Hilfsfinanzierung einbeziehen.
- Im dritten EU-Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter klare Ziele festlegen, damit dieser als Instrument gegen globale Geschlechterungerechtigkeiten eingesetzt werden kann.
Die Unterstützung für von Frauen geführten Organisationen muss verstärkt werden, um die humanitäre Hilfe inklusiver und wirksamer zu gestalten. Die EU kann durch starke, feministische Führung zeigen, wie effektive und gerechte Hilfsmaßnahmen aussehen.
Europawahl 2024: Wie du wählen kannst
In Deutschland findet die Europawahl am Sonntag, den 9. Juni 2024, statt. Bereits im Vorfeld kannst du per Briefwahl deine Stimme abgeben. Der Wahlbrief muss spätestens am 9. Juni 2024 bei der zuständigen Behörde eingegangen sein.
Auf der Webseite des Europäischen Parlaments findest du alle Informationen zur Wahl. Dort gibt es auch eine regelmäßig aktualisierte Liste der deutschen Parteien und Kandidat*innen, die bei der Wahl antreten.