Von den Tausenden von Freiwilligen, die sich nach der massiven Explosion in Beirut an den Rettungs- und Aufräumarbeiten beteiligt haben, bis hin zu den Tausenden Syrer*innen, die sich nach der Flucht vor dem Krieg ihr Leben wieder neu aufbauen: Libanon ist ein Land, in dem viele starke Menschen leben.
Lernen Sie drei von ihnen kennen: Widad, Joumana und Gharam.
Die syrischen Mädchen mussten aufgrund des gewaltsamen Konflikts ihre Heimat verlassen und in Libanon wieder neuanfangen – mit neuem Zuhause, neuen Freund*innen und neuen Schulen. Sie haben sich der Herausforderung gestellt und ihre Ziele hochgesteckt. Die Wahl ihrer Traumberufe zeigt, dass sie die Unterstützung, die sie erhalten haben, zurückgeben möchten.
Um ihnen dabei zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen, betreibt IRC sichere Räume – zum Beispiel in Nordlibanon. Dort erhalten syrische Mädchen Bildungsangebote und emotionale Unterstützung, um sich vom Trauma des Krieges zu erholen.
Mit Förderung durch die Europäische Union setzen sich IRC-Mitarbeitende unermüdlich dafür ein, dass der Schulbetrieb fortgeführt wird - durch Fernunterricht und die Einhaltung von Abstandsregeln in IRC-inderschutzzentren.
Widad, Joumana und Gharam erklären, was es für sie bedeutet, eine Schulbildung zu erhalten.
Widad, 13
Traumjob: Anwältin
„Ich lerne gerne - es gibt mir das Gefühl, wichtig zu sein. Es ist gut, dass ich lesen kann.“
Widad möchte Rechtsanwältin werden, aber damit hören ihre Ambitionen nicht auf. „Es macht mich froh, anderen Menschen zu helfen. Ich möchte die Welt sauberer machen und für gutes und leckeres Essen sorgen, damit die Menschen sich wohl und glücklich fühlen. Ich werde weitere Zentren wie dieses eröffnen, um so vielen Kindern wie möglich eine Schulbildung zu ermöglichen.
Widad sitzt in einem der hell gestrichenen Räume des IRC-Schutzzentrums. Dort erhält sie die Möglichkeit, die aufgrund des Krieges und der Flucht verpassten Ausbildungsjahrenachzuholen.
Ich kann mich kaum noch an meine Schulzeit in Syrien erinnern.
„Ich erinnere mich nur vage daran, wie wir früher auf der Straße Ball gespielt haben. Einige meiner Schulfreund*innen leben in unserer Nachbarschaft in Libanon. Manchmal sitzen wir zusammen und versuchen uns zu erinnern, wie es war.“
„Als wir in den Libanon kamen, war ich schon lange nicht mehr in der Schule gewesen. Die Schulen hier haben mich nicht aufgenommen, weil ich schon so viel Unterrichtsstoff verpasst hatte. Das hat mich traurig gemacht.“
Im IRC-Bildungszentrum ist Widad dann wieder aufgeblüht. Hier hat sie ihre Liebe zum Lernen wiederentdeckt. „Mein Lieblingsfach ist Französisch. Ich kenne die Zahlen, die Wochentage und die Monate auf Französisch", erklärt sie stolz.
Joumana, 12
Traumjob: Journalistin
Joumana hält ihre Schulaufgaben in die Kamera. Nachdem ihre Familie aus Homs in Syrien geflüchtet ist, hat sie den größten Teil ihrer Kindheit in Libanon verbracht.
Als die Schulen im ganzen Land aufgrund der COVID-19-Pandemie geschlossen wurden, war Joumana entschlossen, weiter zu lernen. Sie telefonierte mit ihren Lehrer*innen und erledigte jeden Tag fleißig die ihr gestellten Aufgaben.
Da Joumana aufgrund der Gewalt in ihrem Heimatland lange nicht zur Schule gehen konnte, schätzt sie das Bildungsangebot sehr. Sie lässt sich von ihrer Lehrerin inspirieren und möchte Journalistin werden: „Mein Ziel ist es, für den Frieden zu arbeiten.“
Abgesehen von der Vermittlung essentieller Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen, hilft das IRC-Lernzentrum Mädchen wie Joumana, mit ihren Emotionen besser umgehen zu können. Die syrischen Kinder, mit denen IRC arbeitet, haben infolge der Kriegs- und Fluchterlebnisse oft mit komplexen Traumata und psychischem Leid zu kämpfen. Die Schulen bieten den Kindern und Jugendlichen Räume zum gemeinsamen Spielen und zum Aufbau gesunder zwischenmenschlicher Beziehungen.
„Ich habe viele Freunde im Zentrum. Wir alle spielen und lernen zusammen. Ich helfe ihnen im Unterricht und bei Schularbeiten", sagt Joumana. „Meine Lieblingsfächer sind Mathematik und sozial-emotionales Lernen. Dadurch weiß ich, wie man mit Menschen umgeht und wie man mit ihnen sprechen kann. Ich habe gelernt, andere Kinder nicht zu schlagen und stattdessen mit ihnen Frieden zu schließen. Wenn ich jemanden weinen sehe, tue ich, was ich kann, um ihm oder ihr zu helfen.“
Gharam, 12
Traumjob: Lehrerin
„Die Lehrer bringen mich dazu, an mich selbst zu glauben. So wie sie den Kindern zuhören und ihnen helfen, möchte ich das auch tun, wenn ich erwachsen bin.“
Gharam hat die meiste Zeit ihres Lebens in Libanon verbracht. Ihre Familie verließ Syrien, als sie gerade drei Jahre alt war. Das Bild eines Flugzeugs, das über ihr Haus hinwegflog und Bomben abwarf, ist die einzige Erinnerung, die sie an diese Zeit hat.
Nach neun Jahren in Nordlibanon hat Gharam nun im IRC-Zentrum Zugang zu vielen Lernmöglichkeiten, darunter auch Sprachunterricht. „Ich geniesse den Arabisch- und den Französischunterricht“, sagt sie. „Ich habe auch die Wochentage auf Französisch gelernt: Lundi, Mardi, Mercredi, Jeudi, Vendredi, Samedi, Dimanche.“ Gharam träumt von einer Zukunft, in der sie Kinder in ihrem Heimatland unterrichten kann.
Wie viele andere syrische Mädchen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollen, betrachtet Gharam Bildung als den ersten Schritt in eine selbstbestimmte Zukunft. Sie spricht davon, dass Lesen und Schreiben nicht nur ihr selbst, sondern auch ihrer Familie hilft. Inzwischen kann sie ihrer Mutter helfen, bei Arztbesuchen wichtige Informationen zu verstehen.
Gharam empfiehlt anderen Mädchen in einer ähnlichen Situation, es ihr gleichzutun: „Ich rate ihnen, ihre Ausbildung fortzusetzen, damit sie ihre Träume verwirklichen können. Ich wünsche mir, dass alle Kinder glücklich bleiben, auch wenn sie älter werden, und dass sie alle ihre Rechte bekommen. Glück ist viel besser als Traurigkeit“.
International Rescue Committees Programme für syrische Mädchen in Libanon werden von der Generaldirektion Civil Protection and Humanitarian Aid Operations der EU finanziert.