Jeden Tag aufs Neue begegnen Frauen zahlreichen Herausforderungen - und schreiben trotz aller Widrigkeiten ihre eigene Erfolgsgeschichte.

Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März stellen wir fünf Frauen aus verschiedenen Teilen der Welt vor. 

Rahma

Ich sagte zu dem Personalverantwortlichen, dass ich für den Job als Schweißerin hier bin, und er meinte: ‚Du kannst diesen Job nicht machen.‘ Ich antwortete ihm: ‚Doch. Wenn du es gelernt hast, kann ich das auch.‘

Rahma, 24, zeigt ein Möbelstück, das sie in Kampala, Uganda, gebaut hat.
Rahma, 24, zeigt in Kampala, Uganda, ein Möbelstück, das sie selbst gebaut hat.
Foto: Joseph Sozi / IRC

Mit 21 Jahren konnte es sich Rahma aufgrund finanzieller Probleme nicht leisten, zur Schule zu gehen. Sie zog nach Kampala, um dort bei ihrer älteren Schwester zu leben. Damit begann eine neue Reise für sie. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr sie auch zum ersten Mal vom Re:BUiLD Programm von IRC und der IKEA Stiftung. Das weckte sofort ihr Interesse, eine Ausbildung als Schweißerin zu starten.

Nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, wollte Rahma ihre Ausbildung beginnen. Doch als junge Frau stand sie bei der Suche nach einer Arbeitsstelle vor großen Herausforderungen. „Ich wollte einen Arbeitsplatz finden, um mich weiter fortzubilden, doch die Männer sagten mir, dass sie Frauen keine Arbeit anbieten könnten“, erklärt sie. „Sie meinten, ich solle es in Hotels probieren und dort als Kellnerin arbeiten.“

Unbeirrt von diesem Rückschlag blieb Rahma hartnäckig. Über das Re:BUiLD-Programm sicherte sie sich schließlich einen Ausbildungsplatz in der KenKat-Schweißwerkstatt. Sie erhielt dort auch zusätzliches Training und wurde schließlich als feste Mitarbeiterin übernommen.

Sogar einige von Rahma jetzigen Kollegen haben nicht an sie geglaubt, als sie sie zum ersten Mal sahen. „Ich sagte zu einem von ihnen, dass ich für den Job als Schweißerin hier bin, und er meinte: ‚Du kannst diesen Job nicht machen‘“, erinnert sich Rahma. „Ich antwortete ihm: ‚Doch. Wenn du es gelernt hast, kann ich das auch.‘“ Also gab er mir eine Chance und sagte: ‚Wenn du mit den Männern mithalten kannst, kannst du hier bleiben und arbeiten.‘ Ich musste es also schaffen, so gut zu sein wie sie. Jetzt bin ich immer noch hier und gebe nicht auf.“

Rahma ist sehr ehrgeizig und sie träumt davon, ihr eigenes Unternehmen zu leiten und andere junge Menschen wie sie auszubilden. Besonders die Berufsausbildung von Frauen liegt ihr am Herzen. „Ich würde gerne jeder Person, die es möchte, eine Ausbildung anbieten, vor allem den Frauen. Ich hatte die Chance, zu lernen und möchte diese mit allen anderen teilen.“
 

Hajera

Wenn Kinder lernen und hart arbeiten, gibt mir das Hoffnung für ihre Zukunft. Wenn mich meine Schüler*innen und andere Leute ‚Lehrerin‘ nennen, macht mich das stolz. Und wenn ich am Ende des Monats mein Gehalt bekomme, macht mich das auch sehr glücklich.

Hajera liest ihren Schüler*innen aus einem Buch vor.
Hajera liest ihren Schüler*innen aus einem Buch vor.
Foto: Mahab Azizi / IRC

Hajera ist 19 Jahre alt und Lehrerin. Sie unterrichtet Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren in ihrem Haus in Logar, Afghanistan. Sie gibt denjenigen, die keinen Zugang zu einer formalen Schulbildung haben, die Möglichkeit, zu lernen. Der gemeindebasierte Unterricht ist Teil einer IRC-Initiative in Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Dabei erhalten afghanische Kinder, die von Konflikten und Vertreibung betroffen sind, Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung.

Hajera konnte selbst nur bis zur zehnten Klasse in die Schule gehen. Sie ist fest entschlossen, andere Kinder, vor allem junge Mädchen in ihrer Gemeinde, beim Lernen zu unterstützen. Auch wenn sie keinen Zugang zu einer formalen Schulbildung haben. „Ich ermutige sie zum Lernen und sage ihnen, dass sie unabhängig sein können, wenn sie es schaffen, auf eigenen Beinen zu stehen“, sagt sie.

Neben dem Unterrichten widmet Hajera ihre Zeit der Sensibilisierung in ihrer Gemeinde. Sie spricht vor allem mit Eltern über die Vorteile von Bildung für die ganze Familie. Sie berichtet von ihrem persönlichen Weg und wie sie finanzielle Herausforderungen meistern konnte. So konnte sie ihren Vater mit dem Haushalt unterstützen, indem sie sich die finanziellen Ausgaben teilten.

Wenn Kinder zu ihrem Unterricht kommen, ist sie stolz darauf, was sie bewirken konnte. Sie hat es geschafft, die Meinung der Eltern zum Unterricht zu ändern. Sie hofft auf eine Zukunft, in der jedes Kind Zugang zu Bildung hat.

Maryna 

Ich möchte lieber die Dinge bereuen, die ich getan habe, als zu bereuen, etwas nicht getan zu haben. Ich hatte das Gefühl, dass die Arbeit als Straßenbahnfahrerin genau das Richtige für mich war. Ich mochte die Arbeit und ich glaubte an mich.

Maryna steht vor einer Straßenbahn
„Als wir gefragt wurden, was wir vor dem Krieg gemacht haben und was wir jetzt machen, wollten viele in demselben Bereich weiterarbeiten wie zuvor. Ich hingegen wollte etwas komplett anderes“, sagt Maryna über ihren neuen Beruf.
Foto: Tamara Kiptenko / IRC

Im November 2021, kurz bevor der Krieg in der Ukraine eskalierte, zog Maryna mit ihrem Mann und ihren kleinen Kindern nach Polen. Sie entschieden sich für den Umzug, weil ihr Mann aus gesundheitlichen Gründen Schwierigkeiten hatte, in der Ukraine einen Arbeitsplatz zu finden. 

Maryna wurde schon immer von ihren beruflichen Ambitionen angetrieben. Sie arbeitete zuerst in einem Labor und wurde später Besitzerin eines Geschäfts mit 70 Angestellten. Nachdem sie sich bei einem Autounfall an den Beinen verletzte, nahm ihre berufliche Laufbahn eine Wendung.

Dann begann die Invasion Russlands in der Ukraine. Die Familie war fassungslos und die Situation beeinträchtigte auch ihr neues Leben in Polen. Es war im Januar 2023 als Maryna das von IRC betriebene Jobcenter „One Step to Employment“ entdeckte. Dort erhielt sie die Möglichkeit, eine neue Karriere als Straßenbahnfahrerin zu beginnen. Über das Jobcenter kam Maryna auch mit Job-Berater*innen und Psycholog*innen in Kontakt. Mit ihrer Hilfe hat sie es geschafft, einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen. Dank der Unterstützung traute sich Maryna ihren langersehnten Traum zu verfolgen und Straßenbahnfahrerin zu werden.

Trotz der Herausforderung gleichzeitig das Studium, die Kindererziehung und die finanziellen Schwierigkeiten zu bewältigen, hat Maryna die Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin mit Bravour gemeistert. Sowohl die theoretische Prüfung als auch die praktische Fahrprüfung hat sie beim ersten Versuch bestanden. „Ich bin sehr glücklich und stolz auf mich“, sagt Maryna. „Die Prüfung war sogar auf Polnisch und die Ausbilder*in hat mich für meine Leistung gelobt.“

Maryna weiß, dass es zurzeit viele ukrainische Frauen wie sie in Polen gibt: Sie sind auf der Suche nach einem Job, nachdem sie ihre vom Krieg zerstörte Heimat verlassen mussten. Ihr wichtigster Rat: Hab keine Angst. „Alles, was du machen musst, ist anzufangen“, sagt sie. „Wenn du weiterhin zu Hause bleibst und Angst hast, was dann? Wenn wir Kindern beibringen, immer wieder etwas Neues zu lernen, dann sollten wir selbst auch mit gutem Beispiel vorangehen. Habt keine Angst!“

Samira 

Ich möchte alle Frauen und Mädchen, die wie ich Karate lieben, ermutigen, ihren Träumen zu folgen und keine Angst zu haben.

Samira schaut in die Kamera und lächelt.
Samira Rafiollah, 19, bei der IRC-Sommerakademie in Silver Spring, Maryland, Vereinigte Staaten.
Foto: Shuran Huang / IRC

Samira, 17 Jahre alt, kommt aus Afghanistan und suchte aufgrund von Ausbildungsbarrieren in ihrer Heimat Zuflucht in der Türkei. Sechs Jahre lebte sie dort. In Afghanistan war sie ihrer Leidenschaft für Karate nachgegangen und hatte den schwarzen Gürtel erreicht. Das Leben als Geflüchtete in einem neuen Land brachte nun eine ganze Reihe von Herausforderungen mit sich.

Samira und ihre Schwestern hielten sich in dieser Zeit an ihren Leidenschaften fest, zum Beispiel Karate. So konnten sie auch Hürden meistern, wie die Beschränkungen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus. Ihre Mutter Alina legte großen Wert auf eine umfassende Bildung für ihre Töchter, doch rechtliche Beschränkungen schufen oft Barrieren auf ihrem Weg. Nachdem sie sechs Jahre in der Türkei verbracht hatten, zog die Familie im Mai 2023 in die USA. Dort mussten sie sich an ihre neuen Umstände gewöhnen: die öffentliche Infrastruktur, das neue Leben in einer Wohnung und dadurch auch Unterbrechungen ihres Karatetrainings.

Samira nahm kurz darauf an der IRC-Sommerakademie in Maryland teil. Dieses Programm hilft neu angekommenen Kindern und Jugendlichen im Schulalter, Wissen und Fähigkeiten für die Integration und Selbstständigkeit in ihrem neuen Umfeld zu erwerben. Während ihrer Zeit dort machte sie große Fortschritte in Mathematik und knüpfte tiefe Freundschaften. Die inspirierende Atmosphäre schätzte sie sehr.

Samira ist jetzt in der elften Klasse. Zusammen mit ihrer Schwester hält sie fest an ihrem Entschluss, nach dem Schulabschluss Karatelehrerin zu werden. Sie denkt darüber nach, welche Herausforderungen viele Mädchen überwinden müssen, wenn sie sich für Karate interessieren. Aus Angst vor der Missbilligung ihrer Familie zögern sie, ihrem Wunsch nachzugehen. „Ich glaube, ich habe großes Glück, aus einer Familie zu kommen, in der alle tun können, was sie möchten. Denn eigentlich dürfen Mädchen in Afghanistan viele Dinge nicht tun. Unsere Familie ist wirklich toll“, sagt sie. „Ich möchte alle Frauen und Mädchen, die wie ich Karate lieben, ermutigen, ihren Träumen zu folgen und keine Angst zu haben.“

Halyna 

Ich bin stolz darauf, dass ich es geschafft habe, mit 45 Jahren nochmal neu anzufangen. Das war wirklich nicht einfach.

Halyna sitzt auf einem Stuhl und blickt in die Kamera.
Halyna musste im Februar 2022 ihre Heimat in der Ukraine zurückzulassen.
Foto: IRC

Halyna hatte sich in Lviv in der Ukraine eine Karriere als Eventmanagerin aufgebaut. Dort war sie verantwortlich für die Organisation von Konferenzen und Ausstellungen. Sie führte ein glückliches Leben zusammen mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Doch als im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine eskalierte, traf Halyna eine schwierige Entscheidung: Sie ließ das bisherige Leben ihrer Familie zurück und suchte mit ihren Kindern bei ihrem Bruder in London Zuflucht.

Halyna dachte anfangs, sie würde nur ein paar Wochen in Großbritannien bleiben. Doch die Situation in ihrer Heimat verschlechterte sich zunehmend und führte dazu, dass sie schließlich die schwierige Entscheidung treffen musste, dauerhaft in London zu leben. „Ich habe mich wegen meiner Kinder entschieden, hier zu bleiben“, sagt Halyna. „Wenn ich allein gewesen wäre, wäre ich in die Ukraine zurückgekehrt, vielleicht als Journalistin in der Nähe des Kriegsgeschehens. Doch für meine Kinder habe ich mich für einen sicheren Ort entschieden.“ 

Halyna konnte einen neuen Job in einem Hotel annehmen. Doch sie war entmutigt, denn sie konnte die in der Ukraine erworbenen Fähigkeiten in ihrem Job nicht anwenden. Sie sehnte sich nach einer Tätigkeit, bei der sie andere unterstützen konnte – eine Aufgabe, die ihr sehr am Herzen liegt. Sie entdeckte eine Gemeindeinitiative, die ukrainische Geflüchtete dabei unterstützt Arbeit zu finden. Halyna arbeitet jetzt mit der Gemeinde zusammen, um Lösungen für andere ukrainische Geflüchtete zu finden, die Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche haben.

Während eines IRC-Kurses für Führungskräfte schloss Halyna Freundschaft mit der afghanischen Geflüchteten Masoma. Gemeinsam konnten sie darüber sprechen, welche Hürden sie bei der Integration in dem neuen Umfeld überwinden mussten. Die beiden Frauen wollen die Initiative weiter ausweiten, um mehr afghanischen Geflüchteten dabei zu helfen, eine berufliche Tätigkeit zu finden. „Ich habe es geschafft, nochmal neu anzufangen. Jetzt möchte ich anderen helfen, hier eine Karriere aufzubauen und einen guten Weg zu finden, in Großbritannien zu leben.“

Wie kann ich Frauen überall auf der Welt unterstützen?

Frauen und Mädchen sind unverhältnismäßig stark von Krisen und Katastrophen betroffen. Sie verdienen es, ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Unterstütze IRC anlässlich des Weltfrauentages und hilf uns Gemeinschaften zu fördern, in denen Frauen ihre Stimme erheben und ihre Zukunft selbst bestimmen können.

Wer unterstützte IRC bei der Evakuierung von Geflüchteten aus Europa während des Zweiten Weltkriegs?
  • Mary Jane Gold
  • Lisa Fitko
  • First Lady Eleanor Roosevelt
  • Alle oben genannten
Richtig!
Falsch.

Diese drei Frauen und viele weitere haben IRC geholfen, 2.000 Menschen während des Zweiten Weltkriegs aus Europa in Sicherheit zu bringen. Lisa Fitko führte Geflüchtete und Intellektuelle über die Pyrenäen nach Spanien. Mary Jane Gold setzte das Vermögen ihrer Familie ein, um Geflüchteten vor den Nazis in Sicherheit zu bringen. Außerdem riskierte sie ihr Leben, um wichtige Informationen an den britischen Geheimdienst weiterzuleiten. Eleanor Roosevelt, die Ehefrau des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, nutze ihren politischen Einfluss, um Visa für bedrohte Künstler*innen und Intellektuelle zu organisieren. Zudem unterstützte sie die ersten Aktivitäten von IRC in Marseille, Frankreich.

Erfahre mehr zur Geschichte hinter der Netflix-Serie „Transatlantic“. 

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