„Wenn ich meine Freundin dabei habe, fühlt sich die ganze Welt viel glücklicher an“, sagt Aisha.
Aisha und Na'aem haben viel gemeinsam durchgemacht. Sie sind zusammen in Al Hodeidah im Westen Jemens aufgewachsen und mussten vor drei Jahren aus ihrem Heimatort fliehen, weil gewaltsame Konflikte ausbrachen.
Heute leben sie im Sahdah-Lager im Südwesten Jemens und verbringen die meisten Tage miteinander. Beide Mädchen wollen Wege finden, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Die Bedingungen im Lager sind prekär. Zusammen mit 100 anderen Haushalten leben die Freundinnen in provisorischen, unsicheren Behausungen mit begrenztem Zugang zu Nahrung und Wasser. Trotz der Herausforderungen, vor denen sie stehen, sind sie entschlossen, ihren Mitmenschen zu helfen.
„Eines Tages werde ich Lehrerin und Aisha wird Ärztin“, erklärt die elfjährige Na'aem. „Wir werden unsere Gehälter zusammenlegen und Dinge kaufen, die wir im Lager verteilen können. Jeden Monat unterstützen wir ein anderes Lager. Wir kaufen Geschirr, Kleidung, Handschuhe, Alles.“
Aisha und Na'aem tun bereits, was sie können, um andere zu unterstützen. „Eines Tages kam ein Blinder zu unserer Schule. Er fiel die Treppe hinunter, weil er krank war“, erinnert sich Na'aem. „Aisha und ich haben die Erlaubnis unseres Lehrers bekommen, etwas Geld in unserer Klasse zu sammeln. Wir kauften ihm Frühstück und gaben ihm den Rest des Geldes – er brauchte unser Essensgeld dringender als wir.“
Überall in Jemen unterstützen sich Menschen wie Aisha und Na'aem gegenseitig und tun, was sie können, obwohl 80 % der Bevölkerung aufgrund des sechs Jahre andauernden Krieges humanitäre Hilfe benötigen. Der Bedarf an Unterstützung in Jemen steigt, während die internationale Staatengemeinschaft immer weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Dadurch sind die Jemenit*innen einer drohenden Hungersnot ausgesetzt.
Die COVID-19-Pandemie hat die Situation für die Familien von Aisha und Na'aem weiter erschwert. Die daraus resultierende Wirtschaftskrise erschwert es den Menschen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. „Mein Vater arbeitet als Portier“, erklärt Na'aem. „Manchmal findet er Arbeit und manchmal nicht.“
Die besondere Freundschaft der Mädchen bringt sie durch die schwierigsten Zeiten. „Ich habe viele Freundinnen im Lager, aber keine ist wie Na´aem“, sagt die zehnjährige Aisha und strahlt. Die beiden verbringen die meiste Zeit zusammen, gehen zur Schule, spielen draußen oder besuchen sich.
An Tagen, an denen sich eine von ihnen traurig fühlt, hilft die andere. „Wenn ich mich langweile, kann mich niemand zum Lachen bringen“, sagt Na'aem. „Meine Mutter, mein Bruder und sogar meine Schwester erzählen mir Witze und ich lache nicht – aber wenn Aisha kommt und mir einen Witz erzählt, lache ich sofort.“
„Als Aisha klein war, lebten wir in Häusern aus Stroh“, sagt Na'aem. „Früher habe ich ihr Spielzeugautos aus Milchkartons gebastelt und sie hat mit ihnen gespielt.“
Die Mädchen werden von ihren Familien unterstützt, um in der Schule zu bleiben. „Meine Mutter ist nicht zur Schule gegangen, aber sie ermutigt mich zum Lernen“, sagt Na'aem. Sie sind sich bewusst, wie wichtig Bildung ist. „Wenn wir nicht lernen, werden wir unsere Träume nicht verwirklichen können“, sagt Aisha.
„Wenn Aisha einmal nicht zur Schule kommt, gehe ich zu ihrem Haus und erkläre ihr alles, was wir an diesem Tag im Unterricht gelernt haben“, sagt Na'aem. „Sie tut dasselbe für mich.“
Die beiden Mädchen sind sich sicher, dass sie noch sehr lange befreundet bleiben werden. „Man sollte nie eine Freundin aus der Kindheit zurücklassen, auch wenn man 500 andere Freundinnen hat“, sagt Na'aem und schaut Aisha mit einem Lächeln an. „Wahre Freundinnen sind wie ich und Aisha. Ich habe viele Freundinnen, aber keine bedeutet mir soviel wie Aisha.“
Gemeinsam mit der Generaldirektion Civil Protection and Humanitarian Aid Operations der EU leisten wir lebensrettende Unterstützung für Menschen auf der ganzen Welt, die von Konflikten und Katastrophen betroffen sind.