Gewaltsame Proteste im ganzen Land haben die Premierministerin von Bangladesch gestürzt und das Leben von mehr als 600 Menschen gefordert. IRC musste mehrere wichtige Programme im Land aufgrund von Sicherheitsbedenken und dem Zusammenbruch der Kommunikationsnetze aussetzen. 

In der Krise sehen sich Rohingya-Geflüchtete — vor allem Frauen und Kinder — mit erhöhten Gefahren und Sicherheitsproblemen konfrontiert. Gleichzeitig sind 5,5 Millionen Menschen von extremen Überschwemmungen betroffen, die kritische Infrastrukturen zerstört und die humanitären Bedürfnisse verschärft haben. 

Erfahre mehr über die Krise in Bangladesch und was du tun kannst, um zu helfen. 

Was passiert in Bangladesch?

Die Wiedereinführung eines Quotensystems für den öffentlichen Dienst hat in Bangladesch zu gewaltsamen Protesten geführt. Die Regierung führte das System in den 1970er Jahren ein. Es legt fest, dass mehr als die Hälfte der Stellen bestimmten Gruppen zugewiesen wird. Dazu gehören zum Beispiel Nachkommen von sogenannten Freiheitskämpfern des Unabhängigkeitskrieges von 1971. Für diese Gruppe sind 30 Prozent der Regierungsjobs vorgesehen, während Frauen zehn Prozent, ethnischen Minderheiten fünf Prozent und Menschen mit Behinderung ein Prozent zustehen.

Vor allem junge Menschen und Absolvent*innen kritisierten das System in den letzten Jahren stark. Sie sehen darin eine Einschränkung der Chancengleichheit und eine Benachteiligung von leistungsorientierten Bewerbungen. Nach intensiven Studentenprotesten schaffte die Regierung das Quotensystem im Jahr 2018 ab. 

Heute fordern die Protestierenden eine Wahlrechtsreform und Gerechtigkeit für die Opfer der Unruhen. Premierministerin Sheikh Hasina wurde aufgrund der massiven Demonstrationen dazu gezwungen, ihr Amt niederzulegen und das Land zu verlassen.  

Die Regierung stoppte Kommunikationsdienste, verhängte Ausgangssperren mit Schießbefehl und ging mit Waffen gegen die Demonstranten vor.

Mehr als 600 Menschen sind gestorben, über 450.000 wurden verhaftet – später jedoch von der Übergangsregierung Bangladeschs ohne Anklage freigelassen. Zudem wurden mehrere Tausend weitere verletzt. Aufgrund von fehlender Internetverbindung und unzureichender Datenlage ist es wahrscheinlich, dass die tatsächlichen Zahlen höher sind als offiziell gemeldet. 

Berichte zeigen, dass es umfangreiche Plünderungen und Brandstiftungen im Wohnsitz und Büro der Premierministerin sowie in verschiedenen Regierungs- und Privatgebäuden gegeben hat.

Kinder, Frauen und Rohingya-Geflüchtete gehören zu den am stärksten von der zunehmenden Unsicherheit in Bangladesch betroffenen Gruppen. Die anhaltenden Massenproteste verschlimmern die humanitären Bedürfnisse der Geflüchteten, die von klimabedingten Katastrophen betroffen sind. Dazu gehören die extremen Überschwemmungen, die im August 2024 elf von 64 Provinzen in Bangladesch verwüsteten haben. 

In dieser angespannten und unsicheren Situation müssen die am stärksten gefährdeten Gruppen geschützt werden. Die Regierung muss die Sicherheit und das Wohlergehen von Kindern und Geflüchteten in den Vordergrund stellen. Sie sollte ihnen ausreichende Ressourcen und Unterstützung bereitstellen, um diese Herausforderungen zu bewältigen. 

Ein Junge steht mit einem Fußball auf einem überfluteten Feld im Flüchtlingslager Cox's Bazaar.
Die Überschwemmungen im Jahr 2023 verschlimmerten die humanitären Bedürfnisse der Rohingya-Geflüchteten in der Notunterkunft Cox’s Bazaar dramatisch. Im August 2024 führten weitere extreme Überschwemmungen dazu, dass über 5,5 Millionen Menschen in 11 Distrikten des Landes betroffen waren.
Foto: Jennifer De Perise/IRC

Wer ist von der Krise in Bangladesch betroffen?

Gefährdete Bevölkerungsgruppen, wie Rohingya-Geflüchtete – insbesondere Frauen und Mädchen – sind mit massiven Sicherheitsrisiken konfrontiert. Anhaltende Unruhen und Kommunikationsstörungen haben dazu geführt, dass IRC die meisten Einsätze in Bangladesch einstellen musste. Eingeschränkter Zugang hat den Bau neuer WASH-Infrastruktur und die Verteilung von Hygieneprodukten gestoppt, was das Risiko von Diebstählen aus Lagerbeständen und Lagern vor Ort erhöht. IRC warnt vor einer negativen Beeinträchtigung der humanitären Dienstleistungen. Zudem könnte es zu neuen Notfällen wie akutem wässrigem Durchfall kommen, sollte das lokale Personal über längere Zeit fehlen. 

IRC ist zutiefst besorgt über die negativen Auswirkungen der anhaltenden Bewegungsbeschränkungen auf die operative Präsenz. Das Fehlen von Behörden verhindert, dass das Personal reguläre Arbeitszeiten einhalten kann und erhöht gleichzeitig die Sicherheitsrisiken, da Schutzdienste nur eingeschränkt verfügbar sind. Der Mangel an humanitären Helfenden und Strafverfolgungsbehörden hat auch tagsüber zu einem Anstieg von Schießereien, Erpressungen, Zwangsräumungen, Diebstählen und Entführungen geführt. 

Die Krise in Bangladesch verschlechtert die Lebensbedingungen für fast eine Million Rohingya-Geflüchtete, von denen einige seit sieben Jahren in Notunterkünften leben und kaum Zugang zu Bildung oder Erwerbsmöglichkeiten haben. Laut aktuellen Daten von IRC ist der Hunger unter Rohingya-Geflüchtete im letzten Jahr um 60 Prozent gestiegen, was auf eine 33-prozentige Kürzung der Nahrungsmittelrationen aufgrund akuter Finanzierungsknappheit zurückzuführen ist. 

„Die Rohingya-Minderheit in Bangladesch erlebt eine ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage, die durch die anhaltende Gewalt nur weiter verschlimmert wird. Die Gewalt im Land muss beendet werden. Es gilt sicherzustellen, dass humanitäre Helfende ihre Arbeit leisten können“, sagt Hasina Rahman, IRC-Landesdirektorin für Bangladesch. 

Wir müssen in der Lage sein, die Programmarbeit für die fast eine Million Geflüchteten in Cox's Bazar fortsetzen zu können.

Hasina Rahman spricht mit einer Gruppe von IRC-Kunden im Außenbereich des Flüchtlingslagers Cox's Bazaar, Bangladesch.
IRC-Landesdirektorin für Bangladesch, Hasina Rahman, spricht mit IRC-Klient*innen im Geflüchtetenlager Cox's Bazaar, Bangladesch.
Foto: Md. Tasbir Ul Islam/IRC

Wie leistet IRC Unterstützung in Bangladesch?

IRC setzt die humanitären Hilfe in Bangladesch durch das 24/7 Gesundheitszentrum im Geflüchtetenlager Cox's Bazar fort. 

IRC bemüht sich die verschiedenen Programme in Bangladesch wieder einzuführen. Dazu gehören die Bereitstellung von reproduktiven und allgemeinen Gesundheitsdiensten, die medizinische Versorgung von Müttern, der Kinderschutz, Bildungsangebote, die Prävention und Bewältigung geschlechtsspezifischer Gewalt sowie Maßnahmen zur Reduzierung des Katastrophenrisikos. 

Seit 2021 unterstützt IRC Gemeinschaften im Süden Bangladeschs in den Bereichen Gesundheit, Schutz, Bildung und wirtschaftliche Erholung als Reaktion auf den Klimawandel und klimabedingte Katastrophen. IRC hat die Programmarbeit zur Verteilung von Unterkünften und nicht-lebensnotwendigen Hilfsgütern aufgrund der Proteste pausieren müssen. Dadurch bleiben mehr als 1.000 vorübergehend vertriebene Menschen ohne vollständige Unterstützung, während sie sich von Überschwemmungen und Sturmschäden erholen. 

Als Reaktion auf die extremen Überschwemmungen im August 2024 bereitet sich IRC gemeinsam mit lokalen Partnern und der Regierung vor, die Maßnahmen auszubauen, um Dienstleistungen in den betroffenen, abgelegenen Gebieten Bangladeschs bereitzustellen. IRC wird lebenswichtige Pakete, bestehend aus Trinkwasser, Rehydrationsbeuteln, Lampen und grundlegenden Nahrungsmitteln, an etwa 10.000 Haushalte liefern. 

Im Jahr 2023 erreichte IRC mehr als 450.000 Klient*innen in ganz Bangladesch – zwei Drittel davon waren Rohingya-Geflüchtete. Fast 70 Prozent der von IRC erreichten Menschen im Jahr 2023 waren Frauen. 

Eine Mutter kniet in ihrem Haus in Bangladesch auf dem Boden und hält ihr kleines Kind im Arm.
Taslima, eine Rohingya-Geflüchtete aus Myanmar, hält ihr neugeborenes Kind in ihrem Zuhause in der Notunterkunft Cox’s Bazar in Bangladesch. Taslima erhielt von IRC postnatale Gesundheitsfürsorge und lernte, wie sie die Gesundheit ihres Kindes stärken kann.
Foto: Zanala Bangladesh Ltd./IRC

Wie kann ich Menschen in Bangladesch unterstützen?

IRC reagiert seit 2017 auf die humanitären Bedarfe in Bangladesch. Mit mehr als 400 Mitarbeitenden in 31 Rohingya-Notunterkünften und 27 Standorten in den Aufnahmegesesellschaften leistet IRC wichtige Unterstützung für die Menschen, die ihr Leben wiederaufbauen.