Krise in Afghanistan: Was du wissen musst
Hier sind sechs Gründe, warum Afghanistan laut Emergency Watchlist von International Rescue Committee (IRC) im Jahr 2024 von einer Verschärfung der humanitären Krise bedroht ist.
Hier sind sechs Gründe, warum Afghanistan laut Emergency Watchlist von International Rescue Committee (IRC) im Jahr 2024 von einer Verschärfung der humanitären Krise bedroht ist.
Afghanistan steht auf der IRC Emergency Watchlist für das Jahr 2024, einer Rangliste der größten Krisen. Rund 23,7 Millionen Menschen – etwa mehr als die Hälfte der Bevölkerung – benötigen dringend humanitäre Hilfe. Die Lage in Afghanistan ist vor allem auf den Zusammenbruch der Wirtschaft des Landes nach dem Regierungswechsel im Jahr 2021 zurückzuführen. Klimaschocks, wie die jüngsten Überschwemmungen und Erdbeben, verschärfen die schwierige Situation zusätzlich.
IRC arbeitet in Afghanistan, um auf die humanitären Bedürfnisse der Menschen im ganzen Land zu reagieren.
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Seitdem 13. Apri 2024 kam es in 32 der 34 Provinzen Afghanistans zu schweren Regenfällen und heftigen Überschwemmungen. Dabei starben über 250 Menschen. Fast 1000 Häuser und über 60.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche wurden zerstört. Auch wichtige Infrastrukturen wie Straßen, Brücken und Stromleitungen nahmen Schaden, was die Lieferung humanitärer Hilfe erschwert.
Die afghanische Bevölkerung ist bereits mit den Folgen des wirtschaftlichen Zusammenbruchs, Mangelernährung und Konflikten konfrontiert. Jede weitere Überschwemmung wird verheerende Auswirkungen auf die Menschen haben.
„Die jüngsten Überschwemmungen verschärfen die humanitäre Notlage in Afghanistan drastisch. Das Land ist noch immer von den mehrfachen Erdbeben zu Beginn dieses Jahres sowie von schweren Überschwemmungen im März betroffen”, berichtet Salma Ben Aissa, IRC-Landesdirektorin für Afghanistan. „Gemeinden haben ganze Familien verloren, und die Lebensgrundlagen wurden dezimiert.“
Nachdem das Islamische Emirat Afghanistan (IEA, regiert durch die Taliban) im August 2021 die Kontrolle über das Land übernahm, brach die Wirtschaft in Afghanistan zusammen. Derzeit ist das Land wirtschaftlich isoliert und erhält keinen Zugang mehr zu Hilfsgeldern, die zuvor rund 75 Prozent der afghanischen Staatsausgaben deckten. Gleichzeitig bleiben die Gelder der afghanischen Zentralbank eingefroren und unzugänglich, da Sanktionen und internationale Beschränkungen die ausländischen Finanzzuflüsse begrenzen.
Obwohl sich die afghanische Wirtschaft im Jahr 2022 leicht stabilisierte, verzeichnete sie im Jahr 2023 kaum einen Wachstum. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut und wird weiterhin von der schwierigen wirtschaftlichen Lage betroffen sein.
Außerdem fiel die Finanzierung des humanitären Hilfsplans für Afghanistan für 2023 geringer aus als im Jahr 2022. Dies beeinträchtigt die Lieferung humanitärer Hilfe im Land stark.
Drei aufeinanderfolgende Dürrejahre und der kälteste Winter seit 15 Jahren verstärken die Ernährungsunsicherheit in Afghanistan zusätzlich. Gleichzeitig lässt auch die internationale Unterstützung nach. Schätzungsweise 15,3 Millionen Menschen – 35 Prozent der Bevölkerung Afghanistans – sind weiterhin von akutem Hunger (IPC 3+) oder einer noch höheren Stufe der Ernährungsunsicherheit betroffen. Dennoch musste das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) aufgrund von Finanzierungsengpässen die Nahrungsmittelhilfe für rund zehn Millionen Menschen im Jahr 2023 einstellen.
Sinkende Grundwasserspiegel und zunehmende Wüstenbildung verringern zusätzlich die Ernteerträge. Dies führt zu einer geringeren Nahrungsverfügbarkeit in einem Land, dessen Bevölkerung stark von der landwirtschaftlichen Produktion abhängig ist. Gleichzeitig wird das Extremwetterphänomen El Niño im Jahr 2024 für überdurchschnittlich hohe Niederschläge sorgen. Dies könnte das Risiko von Überschwemmungen erhöhen. Besonders betroffen wären der Norden und Nordosten des Landes. Die erwarteten Überschwemmungen könnten die landwirtschaftliche Produktion und die Nahrungsmittelversorgung weiter schwächen.
Die pakistanische Regierung kündigte im Oktober 2023 die Ausweisung von mehr als einer halben Million afghanischer Geflüchteter an. Sie wurden bereits zur Rückkehr nach Afghanistan gezwungen. Im Laufe des Jahres 2024 droht weiteren tausenden Menschen die Abschiebung. Besonders gefährdet sind die 2,2 Millionen dokumentierten afghanischen Geflüchteten, die derzeit in Pakistan leben. Inzwischen erwägt auch die iranische Regierung die Ausweisung von Afghan*innen, die sich ihrer Meinung nach unrechtmäßig im Land aufhalten.
Hunderttausende Afghan*innen in die Grenzregionen zurückzuführen, würde die Bedarfe enorm in die Höhe treiben. Die verfügbaren Ressourcen reichen jedoch nicht aus, um den ankommenden Menschen Unterstützung zu leisten.
Trotz Ende des umfassenden Konflikts gefährden tödliche Bombenangriffe immer wieder die Zivilbevölkerung. Diese Angriffe haben bereits zahlreiche Menschen getötet.
Steigende Aktivitäten nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen gefährden die Zivilbevölkerung erheblich, insbesondere die Minderheiten der Schiiten, Hazara, Sikh und Hindus. Diese Gruppen sind besonders häufig von Angriffen betroffen.
Seit ihrer Machtübernahme in Afghanistan im Jahr 2021 haben die Taliban eine Reihe von Dekreten erlassen, die die Lieferung von humanitärer Hilfe behindern. Dazu gehören auch Beschränkungen für humanitäre Helferinnen, die Frauen daran hindern, offen für humanitäre Organisationen zu arbeiten.
Neben dem anhaltenden Konflikt beeinträchtigen auch der kalte Winter und andere Umweltgefahren wie Erdbeben und Überschwemmungen die humanitären Bemühungen. Diese Bedingungen erschweren den Zugang zur betroffenen Bevölkerung, insbesondere in ländlichen und schwer erreichbaren Gebieten.
Seit 1988 ist IRC in Afghanistan tätig und bietet seitdem in Tausenden von Dörfern in zwölf Provinzen Dienstleistungen an. Seit August 2021 verbessert IRC die Gesundheitsversorgung im Land erheblich, stärkt die Kapazitäten von neun Gesundheitseinrichtungen und hat 35 mobile Gesundheitsteams eingerichtet.
Afghan*innen, die von Mangelernährung betroffen sind, werden im Rahmen des ‘Integrated Management of Acute Malnutrition’-Programms behandelt. Dieses Programm integriert verschiedene Ansätze zur Behandlung von akuter Mangelernährung, wie Ernährungsberatung, therapeutische Nahrung und medizinische Versorgung. 93,4 Prozent der behandelten Personen werden wieder gesund. IRC arbeitet in Afghanistan eng mit lokalen Partnerorganisationen zusammen. Im Jahr 2023 vergab die Organisation 23 Prozent der Mittel an diese Partner. Das Ziel für das Jahr 2024 ist es, 25 Prozent der Mittel weiterzugeben.
Im Jahr 2023 deckte IRC in Afghanistan ein breites Spektrum an humanitären Bedarfen ab. So versorgte IRC fast zwei Millionen Menschen mit Gesundheitsdienstleistungen:
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*Nachname zum Schutz der Privatsphäre weggelassen