Familie ist für Amira alles, besonders in Krisenzeiten. Sie erzählt ihre Geschichte von Resilienz und Überleben in Syrien.
Amira* wünscht sich, dass die Welt sehen kann, was in Syrien wirklich passiert. Die Bilder, die die Menschen in den Nachrichten und Medien sehen, vermitteln nicht die Härten, die sie und ihre Familie und Tausende anderer Flüchtlinge erlitten haben.
„Kinder werden im Krieg geboren und aufgezogen“, sagt sie. „Ihr Spielzeug ist Kriegsspielzeug. Fünfjährige wissen nur von den Waffen und Bomben, die ihre Häuser zerstört haben.“
Amira ist eine 17-jährige Teenagerin. Sie kommt aus Hama, einer Stadt im Nordwesten Syriens, wo sie mit ihren Eltern und fünf jüngeren Geschwistern lebte.
Als im Jahr 2013 Luftangriffe auf Hama folgten, floh die Familie auf das Land. Sie kehrten zurück, aber innerhalb weniger Wochen fielen die Bomben wieder, und die Leichen verschütteten die Straßen.
„Diese Momenten haben sich angefühlt als wäre es unsere letzten“, erinnert sie sich. „Mein Vater beschloss, dass wir um jeden Preis gehen mussten.“
Die Familie fand einen Fahrer, der sie aus der Stadt brachte. Dann trampten sie oder gingen zu Fuß und ruhten sich in nahegelegenen Städten aus, bis sie Idlib erreichten, 60 Meilen von ihrem Zuhause entfernt. Sie hatten kaum mehr als Kleider zum Wechseln mitgebracht. Amira hatte eine Decke und ihre Lieblingsbücher sowie ihre Ausweispapiere, einschließlich Schuldokumenten, eingepackt, verlor sie aber während der Reise.
„Meine jüngeren Geschwister waren krank, es war sehr heiß, und wir hatten nicht viel Wasser“, sagt sie. „Wir gingen an Orte, die verlassen waren. Ein leeres Dorf zu sehen, war schrecklich – wie eine Geisterstadt.“
Aber Amira ist stark geblieben für ihre Geschwister, die zu ihrer großen Schwester aufschauen. Sie tröstet sie mit Umarmungen und dem Versprechen, dass sie zu einem „schönen Ort gehen, wo wir Menschen sehen werden, die uns lieben“. Sie erklärt: „Wenn man seine Eltern sieht, fühlt man sich stark. Wenn du deine jüngeren Geschwister siehst, willst du wie deine Eltern sein, damit auch sie dasselbe fühlen können.“
Familie ist für Amira alles, besonders in Krisenzeiten. „Ich versuche, meinen Geschwistern zu helfen, zu vergessen, was sie ausgesetzt waren. Ich höre ihnen zu, frage sie, wie sie sich fühlen. Ich tröste sie. Ich verstehe sie, und sie lieben mich.“
Mit dem jüngsten Anstieg der Gewalt in Idlib und in Hama benötigen die Vertriebenen dringend Unterkünfte, Nahrung und medizinische Versorgung. Amira und ihre Familie haben von IRC medizinische Hilfe, Lebenskompetenztraining und psychosoziale Unterstützung erhalten, um mit der Gewalt und den Schwierigkeiten, die sie erlebt hat, fertig zu werden. „Sie haben uns geholfen, uns zu entspannen“, sagt Amira.
Amira hält an ihren Hoffnungen und Träumen fest, vor allem, um in die Schule zurückzukehren. Früher wollte sie Grundschüler unterrichten, aber seit Kriegsbeginn plant sie, Näherin zu werden, um ihrer Familie zu helfen.
„Früher habe ich die meiste Zeit in meinem Zimmer damit verbracht, zu lernen“, sagt sie. „Ich möchte wieder lernen und nach Hause gehen. Eine Person wird immer an ihr Zuhause gebunden sein.“
*Die Namen wurden aus Sicherheitsgründen geändert.
IRC in Syrien
Mit einer Zunahme von Luftangriffen in Idlib und der jüngsten türkischen Militäroffensive im Nordosten Syriens tragen Kinder und Familien weiterhin die Hauptlast eines scheinbar endlosen Krieges. In ganz Syrien unterstützt IRC fast eine Million Menschen – die Hälfte davon sind Kinder.
Erfahren Sie hier mehr über unsere Arbeit in Syrien.
Illustrationen von: Amelia Flower/IRC