Berlin, 29. Februar 2024 — Der UN-Sicherheitsrat wurde eindringlich vor den Folgen der Untätigkeit in Gaza gewarnt: In ihrem jüngsten Bericht an den UN-Sicherheitsrat warnen die Vereinten Nationen (UN) davor, dass mindestens 576.000 Menschen in Gaza infolge des Konflikts von einer Hungersnot bedroht sind.
Der UN-Sicherheitsrat tagte unter der Schirmherrschaft der Resolution 2417: Vertreter*innen des Amts der UN für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA), der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) sowie des Welternährungsprogramm der UN (WFP) haben die Ergebnisse ihres Berichts erläutert. Der Bericht betont, wie die Kriegsführung, inklusive der Auswirkungen der israelischen Militärblockade vor dem 7. Oktober 2023, den Zugang der Menschen in Gaza zu Nahrungsmitteln verhindert. Dazu gehören auch die von Israel weitreichenden Beschränkungen für den Zugang und die Lieferung humanitärer und kommerzieller Güter sowie gezielte Angriffe auf Hilfskonvois. Auch aufgrund von verweigerten Sicherheitsgarantien und durch die andauernde Blockade von Wasser und Strom und Bombardierungen ist humanitäre Hilfe und der Zugang zur Bevölkerung in ganz Gaza eingeschränkt. Die UN betonten auch die Auswirkungen der Angriffe auf die Infrastruktur der Nahrungsmittelproduktion: Aufgrund der Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen und zahlreicher Zwangsvertreibungen sind die Felder verlassen und die Nahrungsmittelproduktion ist eingeschränkt.
Während die gesamte Bevölkerung in Gaza keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln hat, ist die Lage im Norden Gazas besonders katastrophal. Laut WFP leidet inzwischen jedes sechste Kind unter zwei Jahren an Auszehrung. 155.000 schwangere Frauen und stillende Mütter haben keinen Zugang zu ausreichender, nährstoffreicher Nahrung. Unterernährung hat verheerende und generationenübergreifende Auswirkungen auf gefährdete Bevölkerungsgruppen, einschließlich langfristiger Folgen für die kognitive und körperliche Entwicklung und das Wohlbefinden von Kindern sowie die Beeinträchtigung ihrer künftigen Lebensqualität.
Die 2018 einstimmig verabschiedete Resolution 2417 soll den UN-Sicherheitsrat zum Handeln veranlassen, wenn die Gefahr einer konfliktbedingten Hungersnot für die Zivilbevölkerung besteht. Sie stärkt das geltende Völkerrecht, wonach das Aushungern der Zivilbevölkerung ein Kriegsverbrechen ist. Doch trotz ständiger Warnungen vor den Risiken und entgegen den eigenen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates bleibt dieser untätig – als Folge des genutzten Vetorechts der ständigen Mitglieder. Die Vereinigten Staaten legten Anfang des Monats zum dritten Mal ihr Veto gegen eine Resolution ein, in der ein sofortiger Waffenstillstand gefordert wurde.
Die unterzeichnenden Nichtregierungsorganisationen fordern den UN-Sicherheitsrat auf, dringend eine Resolution zu verabschieden, in der ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand gefordert wird. Nur so kann die Hungersnot in Gaza eingedämmt und die Zivilbevölkerung geschützt werden, unter anderem durch die Verhinderung einer Militäroperation in Rafah, die katastrophale Folgen für die Zivilbevölkerung hätte und die Hilfsmaßnahmen völlig zum Erliegen bringen würde.
Gleichzeitig muss jetzt die humanitäre Hilfe für Palästinenser*innen massiv aufgestockt werden, die selbst bei Einstellung der Kampfhandlungen essentiell sein wird. Dazu gehört auch die weitere Unterstützung der lebenswichtigen Arbeit von UNRWA und Partnerorganisationen, um der palästinensischen Zivilbevölkerung zu helfen, eine der schlimmsten humanitären Katastrophen unserer Zeit zu überleben. Die Rolle von UNRWA kann nicht ersetzt werden. Auch die Genehmigung und Erneuerung von Visa für humanitäre Helfer*innen muss beschleunigt werden.
Der UN-Sicherheitsrat muss für die Umsetzung der Resolutionen zu Gaza sorgen, in denen ein uneingeschränkter, schneller, sicherer und ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen zu ganz Gaza gefordert wird. Darüber hinaus kommt dem UN-Sicherheitsrat eine entscheidende Rolle zu, um die Einhaltung des Urteils des Internationalen Gerichtshofs zu gewährleisten und die konsequente Anwendung des Völkerrechts aufrechtzuerhalten.
Der UN-Sicherheitsrat muss seinen Einfluss geltend machen, um sicherzustellen, dass die Parteien:
- Ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht einhalten, einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur, des Verbots des Aushungerns als Methode der Kriegsführung und den Zugang für humanitäre Hilfe zu erleichtern.
- Rasche, sichere und dauerhafte Ausweitung des humanitären Zugangs zu und durch Gaza durch die Öffnung mehrerer Grenzübergänge, auch direkt in den Norden Gazas und durch Sicherheitsgarantien, die eine freie und sichere Arbeit von medizinischem Personal und humanitären Helfer*innen in und durch Gaza ermöglichen.
- Öffnung des kommerziellen Zugangs für Lebensmittel, Treibstoff und Kochgas sowie die Wiederherstellung der Wasser- und Stromversorgung in Gaza.
- Verstärkte Einfuhr kritischer medizinischer Hilfsgüter und Gewährleistung des Schutzes von Krankenhäusern und medizinischem Personal.
Unterzeichnende Organisationen:
Aktion gegen den Hunger
CARE International
International Rescue Committee
Mercy Corps
Plan International
Save the Children
Oxfam