In Anbetracht der bevorstehenden internationalen Konferenz zur Unterstützung Syriens und der Region fordert International Rescue Committe (IRC), dass Geberregierungen dringend mehr finanzielle Mittel bereitstellen, damit sich die humanitäre Lage in der Region nicht noch weiter zuspitzt. Die Konferenz wird heute und morgen (14.-15. Juni) in Brüssel stattfinden.  

Zwölf Jahre nach Beginn des Konflikts in Syrien ist die humanitäre Lage vor Ort alarmierend: Heute benötigen mehr als 15 Millionen Menschen humanitäre Hilfe, was einem Anstieg um 23 Prozent seit 2020 entspricht. Getrieben von mehr als einem Jahrzehnt Konflikt und Vertreibung, steigender Inflation und dem Währungsverfall leben derzeit 90 Prozent der Menschen in Syrien unterhalb der Armutsgrenze. Die Menschen, die von den verheerenden Erdbeben im Februar unmittelbar betroffen waren, ist auch mehr als vier Monate später weiterhin von den Folgen der Erdbeben betroffen. Viele sind nicht erst seit den Erdbeben auf umfassende humanitäre Hilfe angewiesen und die tragischen Ereignisse im Februar haben ihre Situation noch verschlechtert. 

Obwohl die humanitären Bedarfe im ganzen Land auf einem Höchststand sind, bleibt der humanitäre UN-Hilfsplan mit bisher nur 11 Prozent der erforderlichen Mittel für 2023 chronisch unterfinanziert.  Im vergangenen Jahr verzeichnete der Hilfsplan mit nur 49 Prozent des Finanzierungsbedarfs und einer Finanzierungslücke von über 2 Milliarden Euro den höchsten Finanzierungsdefizit seit Beginn des Konflikts im Jahr 2012. Zum heutigen Treffen der internationalen Gemeinschaft fordert IRC die Geberregierungen dringend auf die finanziellen Mittel für Syrien und die benachbarten Länder zu erhöhen. Die Nachbarländer nehmen weiterhin Millionen von Geflüchteten auf, und das auch angesichts prekärer Wirtschaftslagen und sich verschlechternden Lebensbedingungen in den Aufnahmegemeinden. 

Corina Pfitzner, Leitung IRC Deutschland, sagt: 

,,Auf dieser Konferenz wird über die diesjährigen finanziellen Zusagen für die humanitäre Unterstützung der syrischen Zivilbevölkerung entschieden. Die Reaktion der Geberländer auf die verheerenden Erdbeben in der Region im Februar war und ist beeindruckend. Auch die Bundesregierung hat schnell und unkompliziert die humanitäre Hilfe aufgestockt. Damit unterstreicht sie die große Unterstützungsbereitschaft als zwischen 2018 und 2022 kontinuierlich zweitgrößte Geberregierung für den UN-Hilfsplan für Syrien. 

In dieser Woche ist es entscheidend, dass die Bundesregierung ihre Position als führende Geberin für Syrien nutzt, um andere Regierungen dazu zu ermutigen, ihre Finanzierung und Unterstützung für die sich verschärfende Situation in Syrien und in den Nachbarländern deutlich zu erhöhen.  

Angesichts einer steigenden Zahl von Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, ist es entscheidend, dass diese Unterstützung weiterhin auch alle erreicht, die sie brauchen. Die Bundesregierung sollte diese Gelegenheit daher auch nutzen, um politische Unterstützung für die erneute Genehmigung der UN-autorisierten grenzüberschreitenden humanitären Hilfe im UN-Sicherheitsrat zu mobilisieren, bevor sie am 10. Juli ausläuft. Der Verlust dieser wichtigen und sicheren Lebensader wäre verheerend und würde Millionen von Menschenleben bedrohen. Es würde höchstwahrscheinlich bedeuten, dass Millionen von Syrer*innen im kommenden Jahr noch größeres Leid ertragen müssten.” 

Tanya Evans, IRC-Landesdirektorin in Syrien, kommentiert: 

,,Humanitären Hilfe erreicht weiterhin Millionen Syrer*innen jährlich. Da in ganz Syrien grundlegende Dienstleistungen in einem solchen Maße erodiert wurden, kann das derzeitige Niveau der internationalen Hilfe einfach nicht die Lücken im erforderlichen Umfang schließen. Das alles geschieht, während sich die syrische Wirtschaft weiterhin in einer Abwärtsspirale befindet und Syrer*innen nur eingeschränkt für sich selbst sorgen können. Die humanitäre Notlage von der syrischen Bevölkerung wird dadurch nur weiter vertieft. Heute, wenn die internationale Gemeinschaft in Brüssel tagt, dürfen die Geberregierungen nicht nur eine fortlaufende Hilfe garantieren, sondern sie müssen auch an Maßnahmen arbeiten, die die Menschen vor Ort befähigt, ihre eigene Resilienz und Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Wenn wir auf ein weiteres Jahr mit rekordhohen humanitären Bedarfen zusteuern, wird es für die große Mehrheit der Syrer*innen keine Verbesserung geben kann – es sei denn, wir einigen uns sowohl auf eine dauerhafte politische Lösung für die Krise als auch auf fortgesetzte prinzipiengeleitete humanitäre Hilfe, die die grundlegenden Bedarfe der Menschen erfüllt und ihre Einständigkeit fördert.”