Sehr geehrter Herr Bundesminister Lindner,

die geplanten drastischen Kürzungen für den Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und des Auswärtigen Amtes (AA) bereiten uns, einem Verbund von 14 zivilgesellschaftlichen Organisationen, große Sorgen. Wir fordern Sie dazu auf, die im Koalitionsvertrag versprochenen 0,7 % des BNE für Official Development Assistance (ODA) mindestens einzuhalten und die vorgeschriebenen Obergrenzen für die Haushaltspläne des AA und des BMZ für 2025 und die folgenden Jahre auf ein angemessenes Niveau anzuheben. Bereits im Jahr 2024 gab es bei beiden Etats inakzeptabel starke Einschnitte. Weitere Kürzungen müssen verhindert werden. Die aktuell gesetzten Obergrenzen verkennen die Bedarfslage.

In der derzeitigen Weltlage ist eine verstärkte globale Zusammenarbeit zwingend notwendig. Um dazu beizutragen, eine gerechtere, stabilere und nachhaltigere Welt für alle zu schaffen, muss die Bundesregierung klare Prioritäten setzen, die sich auch finanziell niederschlagen.

Warum es jetzt mehr und nicht weniger Geld für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit braucht:

  1. Es kann nicht hingenommen werden, dass die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte zurückgeht und wir immer mehr Menschen, insbesondere auch Kinder, Frauen und andere vulnerable Gruppen zurücklassen. Die Klimakrise, die nach wie vor andauernden ökonomischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und bewaffnete Konflikte erfordern international koordinierte und umfassende Lösungen. Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sind wesentliche Beiträge, diese Herausforderungen anzugehen. Humanitäre Hilfe rettet nicht nur das Leben von Menschen, die von Katastrophen betroffen sind. Sie ist auch der Ausdruck eines Wertesystems, welches die Schwächsten einer Gesellschaft priorisiert und menschliche Solidarität als Unterscheidungsmerkmal anderen politischen Systemen entgegensetzt. Daran anknüpfend zeigt die Entwicklungszusammenarbeit nachhaltige Entwicklungspfade auf, indem sie die Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften stärkt, Ungleichheit bekämpft, den Zugang zu Ernährung, Gesundheitsversorgung und Bildung verbessert, sowie Frieden und Stabilität fördert. Eine langfristige Stabilität und weltweite Gerechtigkeit können nur durch eine nachhaltige und sichergestellte Finanzierung erreicht werden.
  2. Entwicklungszusammenarbeit kann einen Beitrag zu politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Stabilität leisten, indem sie soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten verringert. Durch die Förderung von friedlicheren und stabilen Gesellschaften wird ein Umfeld geschaffen, das auch die wirtschaftliche Entwicklung und Investitionsmöglichkeiten begünstigt. Der Ausbau von Infrastruktur und der Aufbau von Kapazitäten ermöglichen es Partnerländern, sich besser in globale Wertschöpfungsketten zu integrieren, was letztendlich zu Wohlstand und Wachstum für alle führen kann. In einer multipolaren Welt müssen wir gemeinsam mit Partnerländern arbeiten und Kooperation in all ihren Facetten fördern.
  3. Entwicklungszusammenarbeit ist immer auch eine Investition in eine sichere Zukunft, denn die Sicherheit in Deutschland und der Welt beruht nicht nur auf Investitionen in den Verteidigungsapparat, sondern ebenso auf Investitionen in Bildung und Gesundheit, sowie zur Bekämpfung von weltweiter Armut, Hunger und nicht zuletzt dem Klimawandel.
  4. Im globalen Kampf gegen den Klimawandel spielt Deutschland eine zentrale Rolle als verlässlicher Partner in der internationalen Zusammenarbeit. Die Bundesregierung hat sich im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens dazu verpflichtet, Länder des Globalen Südens bei ihren Anstrengungen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Umstellung auf umweltverträgliche Technologien zu unterstützen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Versprechen durch Zusagen finanziell abgesichert werden. Andernfalls erleidet nicht nur das Klima Schaden, sondern es geht auch die Glaubwürdigkeit Deutschlands verloren.

Sehr geehrter Herr Lindner, seien Sie ein Vorbild für die internationale Finanzpolitik und stellen Sie eine strategische und langfristige Finanzierung des humanitären Systems und für nachhaltige Entwicklung sicher. Nehmen Sie angesichts der dringenden globalen Herausforderungen keine weiteren Kürzungen im Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und den ODA-relevanten Ausgaben des Auswärtigen Amtes vor. Wir können es uns nicht leisten, immer mehr Menschen zurückzulassen und die Zusagen der Bundesregierung zur Agenda 2030 nicht einzuhalten. Vermeintliche Einsparungen heute kommen uns in der Zukunft teuer zu stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Corina Pfitzner, Geschäftsführerin International Rescue Committee (IRC) Deutschland

Florian Westphal, Vorstandsvorsitzender Save the Children Deutschland e.V.

Friederike Röder, Vize-Präsidentin, Global Policy und Advocacy, Global Citizen

Joshua Hofert, Vorstandssprecher terre des hommes Deutschland e.V.

Petra Berner, Vorstandsvorsitzende Plan International Deutschland e.V.

Stephan Exo-Kreischer, Exekutivdirektor ONE Europa und Direktor & Geschäftsführer ONE Deutschland

Dr. Dagmar Pruin, Präsidentin Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe

Serap Altinisik, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende Oxfam Deutschland e.V. 

Jan Sebastian Friedrich-Rust, Geschäftsführer Aktion gegen den Hunger

Mathias Mogge, Generalsekretär und Vorstandsvorsitzender, Deutsche Welthungerhilfe e.V.

Jan Kreutzberg, Geschäftsführer, Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)

Martin Suvatne, Geschäftsführer, NRC Deutschland

Kerstin Blum, Geschäftsführerin, Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen

Janine Lietmeyer, Vorständin, World Vision Deutschland e.V.

Weitere Informationen finden Sie auf der Kampagnenseite von #LuftNachOben