Am 1. August öffnen im Rahmen des Migrationsabkommens die ersten italienischen Aufnahmezentren an der europäischen Außengrenze in Albanien. International Rescue Committee (IRC) warnt vor den damit verbundenen Risiken und fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf: Dieses gefährliche Modell darf nicht als Vorbild für einen europäischen Umgang mit Asyl und Migration dienen. 

IRC hat mehrfach Besorgnis über das italienische Migrationsabkommen geäußert. Das Abkommen sieht vor, auf See gerettete Menschen von italienischen Schiffen in de-facto-Lager in Albanien zu überführen. Dieser Ansatz ist kostspielig, grausam und kontraproduktiv. Menschen auf der Suche nach Sicherheit werden damit auf noch gefährlichere Routen gedrängt.  

Im Rahmen dieses Abkommens plant Italien jährlich bis zu 36.000 Menschen zur Bearbeitung ihrer Asylanträge nach Albanien zu schicken. Die Regierung hat erklärt, dass Kinder, schwangere Frauen und andere schutzbedürftige Personen nicht abgeschoben werden. Jedoch gibt es derzeit keine Garantien oder Schutzmaßnahmen, um diese Gruppen zu identifizieren und sicherzustellen, dass sie nicht betroffen werden.

Flaminia Delle Cese, IRC-Rechtsberaterin in Italien, sagt: 

„Die italienischen Zentren für Asylbewerbende in Albanien sollten gar nicht erst existieren. Menschen in geschlossenen Zentren außerhalb der EU zu verlegen, gefährdet das grundlegende Menschenrecht, Asyl zu beantragen. So werden Menschen in ihrer Suche nach Schutz und einem sicheren Hafen effektiv festgehalten. 

Es besteht immer noch große Unsicherheit darüber, wie sichergestellt werden soll, dass besonders bedürftige Gruppen nicht in diesen Zentren untergebracht werden. Es ist unklar, anhand welcher Faktoren sie identifiziert werden. Überlebende von Menschenhandel oder Folter, unbegleitete Kinder oder Menschen mit Behinderungen gehören zu den vielen gefährdeten Personen, die unter dem Radar durchrutschen könnten. Wir befürchten, dass große Gruppen von Bedürftigen über längere Zeiträume in Gewahrsam genommen werden, ohne dass sie Zugang zu spezialisierter Hilfe haben oder ihre Rechte wahrnehmen können. 

Internationale Organisationen und Menschenrechtsbeobachtende sollten ungehinderten Zugang zu diesen Zentren erhalten. Die Situation vor Ort muss beobachtet werden. Es muss sichergestellt werden, dass Asylbewerbende Zugang zum Internet, zu Informationen und persönlichem Rechtsbeistand haben. Es braucht humane und nachhaltige Lösungen, die Asylsuchende schützen und gleichzeitig ihre Rechte respektieren.“ 

Marta Welander, IRC-Direktorin für EU-Advocacy, fügt hinzu: 

„Die Eröffnung dieser Zentren in Albanien ist ein Schritt in die völlig falsche Richtung – Weg von einem Europa, das das Recht auf Asyl hochhält, und hin zu noch mehr Leid an den EU-Grenzen. Wir wissen, dass eine solche Politik der Abschreckung die Menschen nicht davon abhält, ihr Leben zu riskieren, um in Sicherheit zu gelangen. Die Zahl der Menschen, die das zentrale Mittelmeer nach Italien überquert, ging im ersten Quartal 2024 zurück. Gleichzeitig stieg die Zahl derer, die versuchten, Europa über andere Seewege zu erreichen. Regelungen wie dieses Migrationsabkommen halten Menschen nicht davon ab, Schutz zu suchen. Solche Regelungen treiben sie auf noch gefährlichere Reisen.

Nach den Wahlen im Juni tritt die EU jetzt eine neue fünfjährige Amtszeit an. Genau jetzt ist es von entscheidender Bedeutung, dass die politischen Entscheidungsträger*innen die großen Gefahren des italienischen Ansatzes erkennen. Dieses Abkommen darf nicht als Blaupause für die künftige Asylpolitik der EU verwendet werden. 

IRC fordert die EU und alle ihre Mitgliedstaaten auf, das Grundrecht der Menschen auf Asyl zu wahren. Die EU-Staaten müssen zusammenarbeiten, um Menschen aus den südlichen Staaten Europas zu resetteln und sichere Routen auszubauen. Nur so werden Menschen nicht gezwungen, ihr Leben auf gefährlichen Reisen zu riskieren.