Amman, Jordanien, 5. Januar 2024 — Ein erstes Medizinisches Notfallteam von Medical Aid for Palestinians (MAP) und International Rescue Committee (IRC) berichtet aus einem Krankenhaus in Gaza von erschütternden Verletzungen und Anzeichen von schwerer Unterernährung. Das Team behandelt dort zahlreiche Opfer der israelischen Bombardierung.
Professor Nick Maynard, Leitender Chirurg des Universitätskrankenhauses Oxford und Klinischer Leiter des Medizinischen Notfallteams, berichtet aus Gaza: „Wir sehen Verletzungen, die überwiegend durch Explosionen und Splitter verursacht wurden. Die meisten davon sind an Gliedmaßen. Viele Erwachsene, Kinder und Babys werden mit traumatischen Amputationen von Armen und Beinen eingeliefert. Wir haben kleine Kinder mit den furchtbarsten Verbrennungen im Gesicht gesehen. Flure, Treppenhäuser, Empfangsbereiche, Stationen – auf jedem Quadratzentimeter des Krankenhauses liegen Menschen am Boden. Wir sehen Kinder und Erwachsene im Krankenhaus, die schwer unterernährt sind. Beim ersten Anzeichen einer Infektion verlieren diese Patient*innen rasch an Gewicht und die Unterernährung zeigt sich noch drastischer."
Mit bisher mehr als 53.600 Verletzten stehen das Gesundheitssystem und das medizinische Personal in Gaza vor dem katastrophalen Zusammenbruch. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind derzeit nur 13 der 36 Krankenhäuser in Gaza teilweise funktionsfähig. Die Krankenhäuser erleben kritische Engpässe in der Grundversorgung und es fehlt an Treibstoff. Die Auslastung der stationären Abteilungen liegt inzwischen bei 206 Prozent, die der Intensivstationen bei 250 Prozent.
Neben den durch die Bombardierung verursachten Opfern, verursachen die israelische Belagerung, die Zerstörung kritischer Infrastrukturen und die Vertreibung von 1,9 Millionen Menschen, von denen viele in überfüllten Unterkünften untergebracht sind, auch eine Katastrophe im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Ein Viertel der Menschen in Gaza hat die Nahrungsmittelvorräte vollständig aufgebraucht und ist vom Hungertod bedroht.
Dr. Seema Jilani, Kinderärztin und Leitende Technische Beraterin für Notfallmedizin bei IRC, sagt: „Die Szenen in Gaza sind erschütternd. Schon in den ersten Stunden im Krankenhaus behandelte ich einen etwa einjährigen Jungen, der bei der Bombardierung seinen rechten Arm und sein rechtes Bein verloren hatte – auf dem Boden, da keine Tragen zur Verfügung standen. Waisenkinder und Babys kommen mit schweren Verbrennungen an, stehen unter Schock, zittern vor Angst und leben kaum noch. Mein Herz bricht für die Kinder in Gaza.”
Das Medizinische Notfallteam stützt sich auf die mehr als 30-jährige Erfahrung von MAP in Gaza und besteht aus einer Gruppe von Traumaärzt*innen, Chirurg*innen, Kinderärzt*innen und humanitären Expert*innen. Sie arbeiten mit lokalen Kolleg*innen zusammen, um in den Bereichen Traumata, klinische Notversorgung und Reanimation zu unterstützen.
Neben den Medizinischen Notfallteams arbeiten MAP und IRC zusammen, um die Krankenhäuser in Gaza über den Rafah-Grenzübergang aus Ägypten mit lebenswichtigen medizinischen Gütern zu versorgen, unter anderem für die Behandlung von Traumata. Am 29. Dezember 2023 erreichten vier Lastwagen mit Medikamenten und Verbrauchsmaterial Gaza. Die Lieferung wurde an die Krankenhäuser des Gesundheitsministeriums im südlichen und mittleren Gaza verteilt.
Hinweise für die Redaktion
- Fotos und O-Töne des Medizinischen Notfallteams sind auf Anfrage erhältlich.
- Das medizinische Notfallteam steht derzeit nicht für Interviews zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich an [email protected], wenn Sie über die künftige Verfügbarkeit von Interviews mit dem Team vor Ort informiert werden möchten.