• Eine kürzlich durchgeführte Bedarfsanalyse von International Rescue Committee (IRC) ergab, dass 90 Prozent der im Libanon vertriebenen Familien ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Gesundheitsversorgung nicht decken können.

  • 47 Prozent der Betroffenen sind Kinder, laut der IRC-Bedarfsanalyse.

  • Der Bedarf ist besonders hoch für die Vertriebenen, die in Zelten leben. Fast alle Befragten nannten Nahrungsmittel als dringende Priorität.

Seit fast zwei Wochen eskalieren die Kampfhandlungen im Libanon. Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium sind über 1.000 Menschen durch israelische Luftangriffe getötet worden, unter anderem Frauen und Kinder sowie Gesundheits- und Hilfskräfte. Mehr als 6.000 Menschen wurden verletzt, viele werden lebensverändernde Verletzungen davontragen. Die libanesischen Behörden schätzen, dass inzwischen über eine Millionen Menschen innerhalb des Landes vertreiben sind. Zehntausende sind in überfüllten Sammelunterkünften, Schulen oder an informellen Standorten untergebracht. 

Eine militärische Bodeninvasion wird die humanitäre Lage im ganzen Land nur verschlimmern und weitere Vertreibungswellen auslösen. Menschen werden in Gebiete des Libanon fliehen, die bereits jetzt mit der Anzahl an Vertriebenen überlastet sind. Zivilist*innen, die die vom Konflikt betroffenen Gebiete nicht verlassen können, werden durch eine Bodenoffensive ernsthaft gefährdet.

Eine aktuelle IRC-Bedarfsanalyse zur aktuellen Massenvertreibung hat kritische Schwachstellen aufgedeckt. Die Bedarfsanalyse ergab, dass der Nordlibanon und der Akkar-Distrikt die Hauptziele für Vertriebene sind. Die Aufnahmekapazität dieser Gebiete für neu ankommende Vertriebene ist begrenzt. Dies wirft erhebliche Bedenken bezüglich des eingeschränkten Zugangs zu Unterkünften, Gesundheitsversorgung und anderen lebenswichtigen Dienstleistungen auf. Insbesondere die Überfüllung von informellen und provisorischen Notunterkünften birgt beträchtliche Gesundheits- und Schutzrisiken.

Fast 90 Prozent der befragten Familien berichteten von Schwierigkeiten in der Sicherung ihrer Grundbedürfnisse, z.B. im Zugang zu Nahrungsmitteln (82 Prozent), Bargeld (70 Prozent). Auch die Beschaffung von Materialien für Unterkünfte, Hygieneartikel und sauberem Trinkwasser ist eingeschränkt. Der Bedarf ist besonders hoch für die Vertriebenen, die in Zelten leben. Fast alle Befragten nannten Nahrungsmittel als dringende Priorität.

Juan Gabriel Wells, IRC-Landesdirektor für den Libanon, sagt:

,,Unsere Teams beobachten und bewerten weiterhin die Situation in Beirut, im Libanon Gebirge, in der Bekaa-Ebene und im Norden des Landes. Wir passen unsere Notfallmaßnahmen an, um den dringendsten Bedarf zu decken. Wir sehen alarmierende Lücken in der Gesundheitsversorgung. Es gibt einen kritischen Mangel an Medikamenten und eingeschränkten Zugang zu Dienstleistungen. Das betrifft insbesondere ältere Menschen, Kinder und Menschen mit chronischen Erkrankungen.

Ein Mann berichtete, dass er mit seiner Familie in aller Eile aus seiner Heimat im Süden des Landes fliehen musste. Sie konnten nichts mitnehmen und leben nun in einer überfüllten Sammelunterkunft in Beirut. Er erzählte uns, dass auch seine Tochter und ihr Neugeborenes sofort fliehen mussten. Sie konnte nicht einmal nach der Entbindung medizinisch versorgt werden. 

Auch syrische Geflüchtete befinden sich im Libanon in einer katastrophalen Lage. Viele sind nun gezwungen, in provisorischen Unterkünften, Zelten, Autos oder Garagen zu leben. Familien haben Schwierigkeiten, selbst die grundlegendsten Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und sauberes Wasser in Anspruch zu nehmen.

Die Situation wird sich weiter verschlechtern, wenn nicht sofort Maßnahmen ergriffen werden. Familien im Libanon kämpfen bereits mit extremer finanzieller Not, ständiger Unsicherheit und einem Mangel an Grundversorgung wie Lebensmitteln und Medikamenten. Ohne eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen wird die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, weiter steigen.“

IRC fordert alle Parteien in der Region auf, den Aufrufen zu einem sofortigen Waffenstillstand zu folgen. Angriffe auf Zivilist*innen verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht. Die wahllosen Raketenangriffe auf Israel zeigen auf, wie der eskalierende regionale Konflikt die Zivilbevölkerung gefährdet. Die Zivilbevölkerungen der Region und humanitäre Helfende müssen geschützt werden. Alle Parteien müssen das humanitäre Völkerrecht einhalten.


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