Bereits Ende Januar teilten International Rescue Committee (IRC) und Medical Aid for Palestinians (MAP) Angaben über den beinahe tödlichen Luftangriff des israelischen Militärs am 18. Januar 2024 auf das Gebäude, in dem das Medizinische Notfallteam (EMT) von IRC und MAP sowie deren Familienangehörige untergebracht waren. Der Luftangriff fand in Al Mawasi der angeblichen sicheren Zone" in Gaza statt.

Eine unabhängige und behördenübergreifende Untersuchung der Vereinten Nationen am 19. Januar 2024 ergab, dass es sich bei dem Luftangriff höchstwahrscheinlich um GBU32 (MK83) Raketen handelte. Die über 450 Kilo schwere, in den USA hergestellte smart bomb” (eine präzisionsgelenkte Bombe) wurde von einem F16-Jet aus abgefeuert. F16-Jets werden in den USA hergestellt und enthalten auch Teile, die vom Vereinigten Königreich geliefert werden.

Der Luftangriff verletzte mehrere IRC- und MAP-Teammitglieder und verursachte erhebliche Gebäudeschäden. Die Koordinaten des Gebäudes wurden dem israelischen Militär im Rahmen eines sogenannten „Deconfliction Process” von den Vereinten Nationen mitgeteilt. Der Angriff erfolgte danach, obwohl ein Deconfliction Process” zusätzlichen Schutz für humanitäres Personal gewährleisten sollte. Mitarbeitende der britischen Regierung bestätigten am 22. Dezember 2023, dass das Gebäude vom israelischen Militär als „sensibler Standort" registriert sei.

IRC, eine in den USA registrierte Nichtregierungsorganisation, und MAP, eine im Vereinigten Königreich eingetragene Wohltätigkeitsorganisation, äußerten ihr Besorgnis gegenüber den jeweiligen Regierungen. Zudem haben IRC und MAP beide Regierungen um Unterstützung gebeten, um herauszufinden, warum dieser Luftangriff stattgefunden hat. Beide Organisationen sollten die Zusicherung erhalten, dass sich Anschläge dieser Art nicht wiederholen werden. 

Seit dem 18. Januar 2024 haben mehrere Abteilungen des israelischen Militärs und der Regierung sechs verschiedene unklare Erklärungen gegeben, weshalb der Luftangriff stattfand:

Die verschiedenen und widersprüchlichen Antworten verdeutlichen die fehlende Transparenz in Bezug auf den Angriff. Diese Erfahrung zeigt deutlich, dass das israelische Militär und die Regierung entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind, diesen schwerwiegenden Vorfall ordnungsgemäß zu untersuchen.

Der Angriff auf den Gebäudekomplex steht stellvertretend für Tausende anderer Angriffe auf zivile, medizinische und humanitäre Einrichtungen und Menschen in Gaza. Im nun sechsten Monat des Konfliktes wurden durch die israelische Bombardierung mehr als 31.000 Palästinenser*innen getötet und mehr als doppelt so viele verletzt. Die Angriffe haben Häuser, Krankenhäuser, Unterkünfte, religiöse Stätten und wichtige Einrichtungen wie Bäckereien zerstört. In ganz Gaza gibt es keinen sicheren Ort mehr. 

Die Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen haben dazu geführt, dass es in Gaza kein einziges funktionsfähiges Krankenhaus mehr gibt. Nur noch 24 Prozent der medizinischen Grundversorgungseinrichtungen sind in Gaza betriebsfähig und mehr als 60 Prozent aller Unterkünfte wurden beschädigt. Die Verwüstung hat auch die Zivilbevölkerung und humanitäres Personal von UN-Agenturen und anderen NGOs nicht verschont Hunderte wurden getötet. Darüber hinaus behindern die unerbittlichen Angriffe humanitäre Hilfe erheblich und  erschweren die Lieferung lebenswichtiger Hilfsgüter an die Zivilbevölkerung.

Die Regierungen, die derzeit Waffen und Munition an Israel liefern, tragen eine besondere Verantwortung. Dazu zählen die Regierungen des Vereinigten Königreichs und der USA. Sie sollten den israelischen Staat für diesen Angriff und andere Angriffe auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen und Zivilist*innen zur Verantwortung ziehen. 

IRC und MAP fordern Israels Verbündete, einschließlich der Regierungen der USA und Großbritanniens dazu auf: 

  1. Eine Vereinbarung für ein Verfahren einer vollständigen, unabhängigen und zeitlich begrenzten Untersuchung des Vorfalls vom 18. Januar: Alle gemeldeten Angriffe auf Einrichtungen und Personal von Hilfsorganisationen sollen untersucht und ein aufschlussreicher, öffentlicher Bericht veröffentlicht werden.
  2. Konkrete Zusicherungen der israelischen Regierung, dass es in Zukunft keine Angriffe auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen und des Gesundheitswesens mehr geben wird.


IRC und MAP fordern wiederholt einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand in Gaza, um weiteres Leid der Zivilbevölkerung zu verhindern und den Zugang zu Menschen in Not zu ermöglichen. Das internationale Völkerrecht verbietet Angriffe auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen, die Zivilbevölkerung und zivile Infrastrukturen, und muss eingehalten werden. Auch die Verantwortlichen für Verstöße gegen das internationale Völkerrecht müssen zur Rechenschaft gezogen werden.