Auf der Emergency Watchlist von International Rescue Committee (IRC) steht Sudan an erster Stelle: Dem Land droht im Jahr 2024 die schlimmste humanitäre Krise weltweit. Als Reaktion auf die mangelnde internationale Aufmerksamkeit für die Krise im Land veröffentlicht IRC einen Krisenbericht. Der Bericht zeigt auf: Wenn die internationale Gemeinschaft nicht handelt, werden Millionen von Zivilist*innen und die Sicherheit im ganzen Land unter den schwerwiegenden Folgen dieser Untätigkeit leiden.  

In Sudan herrscht derzeit die größte Vertreibungskrise der Welt und das Land steht am Rande der schlimmsten Hungerkrise der Welt. Militärische Entscheidungsträger*innen, lokale Machthaber*innen und die internationale Gemeinschaft sind ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen in Sudan völlig unzureichend nachgekommen. Die Folge dieser Untätigkeit ist eine sich immer weiter verschlimmernde humanitäre Katastrophe. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung – fast 25 Millionen Menschen – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die starken Einschränkungen des humanitären Zugangs tragen dazu bei, dass die Bedarfe der Zivilbevölkerung nicht gedeckt werden können. Der Bericht zeigt auch, weshalb der Konflikt weiter eskaliert und sich im Land ausbreitet. Zudem enthält er Empfehlungen für eine dringend notwendige diplomatische und humanitäre Kurskorrektur. Die Menschen in Sudan brauchen eine neue Ausrichtung der humanitären Hilfe, keinen anhaltenden Krieg. 

Die Lage der Zivilbevölkerung in Sudan ist verheerend. Das Land steht kurz vor einer Hungersnot. Jedoch blockieren die Kriegsparteien weiterhin jegliche Datenerhebung. Die fehlenden Daten könnten verhindern, dass eine Hungersnot offiziell erklärt werden kann. Doch es sterben bereits Menschen an Unterernährung. Ohne eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und eine großflächige Ausweitung der humanitären Hilfe wird in den kommenden Monaten in vielen Teilen des Landes die schlimmste Stufe der Ernährungsunsicherheit (IPC 5) erwartet.  

Vorsichtigen Schätzungen zufolge sind bereits mindestens 15.500 Menschen aufgrund des Konfliktes gestorben. Einige Schätzungen aus den USA gehen sogar von über 150.000 Toten aus. Über 220.000 Kinder werden in den kommenden Monaten verhungern, wenn die internationale Gemeinschaft nicht sofort handelt. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind mehr als zehn Millionen Menschen innerhalb Sudan vertrieben oder auf der Flucht. Mindestens zwei Millionen Menschen sind in Nachbarstaaten geflohen, darunter Südsudan, Tschad, Ägypten, Äthiopien, Uganda und die Zentralafrikanische Republik. 

Am 13. Juni beschloss der UN-Sicherheitsrat Resolution 2736 zur sofortigen Einstellung der Kampfhandlungen und der Belagerung in und um Al-Faschir. Die Resolution fordert zudem verstärkte Maßnahmen für die Gesundheitsversorgung und den Schutz der Zivilbevölkerung. Es bedarf nun gemeinsamer diplomatischer Bemühungen, um sicherzustellen, dass die Kriegsparteien diese Forderungen aktiv umsetzen. 

Eatizaz Yousif, IRC-Landesdirektorin für Sudan, sagt: 

„Nach mehr als einem Jahr Krieg erleben die Menschen in Sudan – meinem Heimatland – noch immer massives Leid. Das Leben von Millionen Menschen wurde zerstört, die Schulbildung der Kinder ist fast vollständig zusammengebrochen. Grundlegende Dienste wie Krankenhäuser oder Banken funktionieren in vielen Teilen des Landes nicht mehr. Familien müssen jeden Tag unmögliche Entscheidungen treffen, um ihre Kinder ernähren zu können. Die Welt hat das Leid der Menschen in Sudan zu lange ignoriert. Unzählige Zivilist*innen wurden getötet und ganze Städte zerstört, darunter auch die Hauptstadt Khartum. Es wurden bisher keine ausreichenden Schritte ergriffen, um diesen Konflikt zu beenden. 

Die katastrophale humanitäre Lage erfordert einen besonderen Einsatz der internationalen Gemeinschaft. Die Kampfhandlungen müssen beendet werden und der Zugang für humanitäre Helfende muss sichergestellt werden. In ganz Sudan wird Millionen von Menschen die dringend benötigte Hilfe durch die Kriegsparteien verweigert. Die Kampfhandlungen verzögern die Lieferungen von Hilfsgütern und stellen ein großes Hindernis für den Zugang humanitärer Helfender dar. 

Der Bürgerkrieg in Sudan eskaliert und die humanitäre Katastrophe verschlimmert sich zunehmend. Gleichzeitig weitet sich die Krise auch auf die Nachbarländer wie Tschad und Südsudan aus. Diese Staaten erleben bereits die Auswirkungen des Krieges. Die Menschen, die aus Sudan geflohen sind, und die Gemeinden, die sie aufnehmen, müssen dringend die benötigte Unterstützung erhalten.  

Der neue IRC-Bericht gibt klare Handlungsempfehlungen. Diese umzusetzen wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Frieden und würde dringend benötigte Reformen für die Unterstützung, Bereitstellung und Finanzierung von Hilfslieferungen vorantreiben. Wir wissen, was sich ändern muss. Es gibt keine Ausreden für Untätigkeit.“ 

IRC in Sudan