Amman, Jordanien, 21. Februar 2025 — Seit Inkrafttreten des Waffenstillstands in Gaza wurden mindestens 224 Kinder durch die rasch zunehmende militärische Gewalt im Westjordanland getötet. Dies ist die höchste Zahl, die seit Jahren verzeichnet wurde. Der Anstieg der Gewalt hindert International Rescue Committee (IRC) und Partnerorganisationen daran, den wachsenden Bedarf in Dschenin, einem der am schlimmsten betroffenen Gebiete, zu decken, und verursacht ein tiefes Trauma bei den Kindern vor Ort.
Bis Januar dieses Jahres unterstützte IRC mit der palästinensischen Organisation Teacher Creativity Center (TCC) krisenbetroffene Kinder. Klassenräume wurden angepasst und Pädagog*innen ausgerüstet, um Traumata zu bewältigen. Die anhaltenden Militäroperationen, einschließlich Luftangriffe, haben jedoch die Infrastruktur zerstört. Dies erschwert die sichere Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen. Zivilist*innen müssen nach internationalem Recht geschützt werden – das ist nicht verhandelbar.
Die gefährliche Situation in Dschenin City hat IRC und TCC gezwungen, die Bildungsaktivitäten seit Januar 2024 auszusetzen. 200 Kinder bleiben ohne das von IRC und TCC eingeleitete sozio-emotionale Lernen (SEL) – ein strukturierter Ansatz, der Kindern hilft, Emotionen zu verstehen, Resilienz aufzubauen und gesunde Beziehungen zu entwickeln, um konfliktbedingte Traumata zu bewältigen.
Die Programmarbeit wurde nach Ramallah verlagert, wo die Bedingungen etwas stabiler sind, die Kinder aber weiterhin der routinemäßigen Gewalt von Militär und Siedlern ausgesetzt sind[1]. Die Arbeit in Dschenin wird wieder aufgenommen, sobald die Sicherheitslage dies erlaubt.
Die Aussetzung der Programmarbeit in den Schulen von Dschenin ist Teil einer umfassenderen Bildungskrise, die palästinensische Kinder im gesamten Westjordanland und in Gaza betrifft. In Gaza sind trotz des Waffenstillstands 658.000 Kinder im schulpflichtigen Alter weiterhin ohne Schulbildung, da fast 90 Prozent der Schulen zerstört oder beschädigt sind oder als Schutzräume genutzt werden. Unterdessen haben die anhaltenden Militäroperationen im Westjordanland Tausende von Menschen vertrieben, die Wasserversorgung zerstört und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Mehr als 90 Prozent der Bewohner*innen des Flüchtlingslagers von Dschenin – über 20.000 Menschen – sind in den letzten zwei Monaten geflohen. Die UN berichtet, dass der Betrieb von über 100 Schulen im Westjordanland unterbrochen wurden, so dass Schüler*innen und Lehrer*innen ständig gefährdet sind.
Zoe Daniels, IRC-Landesdirektorin für die besetzten palästinensischen Gebiete, kommentiert:
„Während in Gaza ein brüchiger Waffenstillstand herrscht, sind die Kinder im Westjordanland mit zunehmender Gewalt, Vertreibung und tiefen Traumata konfrontiert. Orte wie Schulen, an denen sie eigentlich geschützt und unterstützt werden sollten, verschwinden vor ihren Augen.
Die eskalierende Gewalt und die Bedrohung des Zugangs zu humanitärer Hilfe werden dazu führen, dass noch weniger Kinder Bildung und Unterstützung erhalten. Schulen müssen geschützt werden. Bildung ist ein universelles Recht und muss auch in Konflikten erhalten bleiben.
Zivilist*innen, Schulen und wichtige Infrastrukturen dürfen niemals Ziel von Angriffen sein. Die internationale Gemeinschaft muss eingreifen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen und dringend Maßnahmen ergreifen, um weiteren Schaden zu verhindern.“
Refat Sabbah, Generaldirektor von TCC, sagt:
„Die anhaltende militärische Gewalt hat uns keine andere Wahl gelassen, als die verbleibenden Aktivitäten zum sozio-emotionalen Lernen von Dschenin nach Ramallah zu verlegen. Diese Aktivitäten helfen den Kindern, Selbstvertrauen aufzubauen, Freundschaften zu schließen und ihre Emotionen auf eine gesunde Weise zu bewältigen.
Diese Entscheidung war wichtig, um unsere Mitarbeitenden zu schützen. Die Kinder in Dschenin aber sind dringend auf Unterstützung angewiesen und diese Verlegung hat einen verheerenden Preis: 200 Kinder haben nun keinen Zugang mehr zu Aktivitäten, die ihnen helfen könnten, ihre konfliktbedingten Traumata zu überwinden.
Für Kinder in Krisenzeiten ist Bildung mehr als nur Lernen – sie ist ein Rettungsanker für Stabilität, Hoffnung und Genesung und bietet dringend benötigte sichere Räume. Je länger diese Unterbrechungen andauern, desto tiefer sind die Narben in einer ganzen Generation.“