Kiew, Ukraine, 17. März 2023 — International Rescue Committee (IRC) fordert eine zwölfmonatige Verlängerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative, um die verheerenden Auswirkungen der unterbrochenen ukrainischen Exporte auf die Länder abzumildern, die von einer Hungersnot bedroht sind. Ein neuer IRC-Bericht zeigt die zerstörerischen Auswirkungen des Krieges auf praktisch alle Wirtschaftszweige der Ukraine.
- 90 Prozent der Unternehmen leiden unter einer geringeren Nachfrage, da die Kaufkraft der Ukrainer*innen um fast 50 Prozent gesunken ist;
- 71 Prozent der befragten Unternehmen haben mit Schwierigkeiten aufgrund von Unterbrechungen der Lieferketten zu kämpfen;
- Landwirtschaftsbetriebe, die an aktive Kampfzonen angrenzen, melden erhebliche Schäden - 25 Prozent der Kleinbauer*innen haben ihre landwirtschaftliche Produktion aufgrund des Krieges eingestellt oder reduziert und die Exportmöglichkeiten sind nach wie vor gering;
- Der Anstieg der landwirtschaftlichen Produktionskosten ist im ganzen Land zu spüren: Die Kosten für die Viehzucht und die pflanzliche Erzeugung sind um 64 Prozent bzw. 72 Prozent gestiegen, was die Einkommen der Kleinbauer*innen erheblich schmälert.
Es gibt keinen Sektor in der Ukraine, der vom Krieg verschont geblieben ist. Eine in Saporischschja, Odesa und Dnipro durchgeführte Arbeitsmarktanalyse von IRC zeigt die katastrophale Lage der ukrainischen Unternehmen mehr als ein Jahr nach der Eskalation des Konflikts. Logistische Herausforderungen im Zusammenhang mit der Zerstörung kritischer Infrastrukturen, Einschränkungen im Zusammenhang mit Exporten, Verlust von Humankapital, Störungen von Angebot und Nachfrage und anhaltende Instabilität erodieren weiterhin die Lebensgrundlagen im ganzen Land.
Josie Scott, IRC-Nothilfekoordinatorin für wirtschaftliche Erholung und Entwicklung in der Ukraine, sagt:
,,Es ist schwierig, von einem Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft zu sprechen, wenn der anhaltende Krieg die Infrastruktur aktiv beschädigt, die Menschen zur Flucht zwingt und das tägliche Leben und die Geschäftsabläufe stört. Während die Vereinten Nationen über eine Erneuerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative verhandeln, haben die unterbrochenen Exporte verheerende Auswirkungen auf die weltweite Ernährungssicherheit und auch die ukrainischen Landwirte kämpfen um ihr Überleben.
Die Landwirte in der Region haben immer noch Schwierigkeiten, ihr Getreide zu verkaufen, weil die Logistikketten unterbrochen und die Seehäfen blockiert sind. Einige Menschen, mit denen wir gesprochen haben, berichten, dass sie sich zwar bemühen, ihre Felder zu bestellen, dass aber die Lagerung von Lebensmitteln in Regionen wie Saporischschja aufgrund der Auswirkungen des Krieges auf die Stromversorgung äußerst schwierig geworden ist. Begrenzter Zugang, logistische Herausforderungen und erhöhte Transportkosten haben ebenfalls dazu geführt, dass die Ernte entsorgt werden muss.
Ein Jahr später müssen wir nicht nur dafür sorgen, dass die Menschen das bekommen, was sie brauchen, um weiter ein Einkommen erzielen zu können - d. h. von Landminen befreites Land, Bargeld, Treibstoff oder Strom für den Betrieb von Geräten, Saatgut, Dünger und Tierfutter -, sondern wir müssen auch weiterhin die humanitären Grundbedürfnisse befriedigen und die Existenzgrundlagen schützen und wiederherstellen. Es ist entscheidend, dass die Schwarzmeer-Getreide-Initiative erneuert wird, damit eine drohende Hungersnot in Ländern wie Somalia abgewendet werden kann. Außerdem können wir auch nur so sicherstellen, dass Millionen von Landwirt*innen in der Ukraine geholfen werden, aus der Sackgasse der Produktionskette herauszukommen und sich zu erholen."