Berlin, Deutschland, 21. März 2023 — Der jüngste Bericht des IPCC hat gestern eine düstere Warnung vor der Zukunft des Weltklimas ausgesprochen. Klimawissenschaftler*innen haben einen klaren Zusammenhang zwischen der menschengemachten Erderwärmung und der Notwendigkeit, dringend die Treibhausgasemissionen zur verringern, hergestellt. Ohne drastische Einschnitte nähern wir uns der im Pariser Abkommen festgelegten 1,5-Grad-Grenze, was katastrophale Folgen hätte.
In den Regionen und Ländern, in denen International Rescue Committee (IRC) tätig ist, sind die Menschen bereits direkt von der Klimakrise betroffen. Im letzten Jahr sind starke Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen immer mehr zur Norm geworden. Die Gemeinden, die die Hauptlast der Schäden tragen müssen, sind wiederum am wenigsten für die Klimakrise verantwortlich. Die 20 Länder auf der IRC-Emergency Watchlist 2023 - von denen mehr als die Hälfte in Afrika liegt - trugen 2019 nur 1,9 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei und stoßen im Vergleich zum globalen Durchschnitt nur ein Fünftel des CO2s pro Kopf aus.
- Fast 21 Millionen Menschen in Ostafrika leiden aufgrund der fünften ausgefallenen Regenzeit in Folge – der schlimmsten Dürre der Geschichte, die durch die Klimakrise noch verschärft wird – unter extremem Hunger.
- Die Sahelzone erwärmt sich 1,5 Mal schneller als der globale Durchschnitt, was sich auf die Ausbreitung von Krankheiten, die Gesundheit des Viehbestands und die Nahrungsmittelproduktion auswirkt. Seit 2015 hat sich die Zahl der Menschen, die auf Nahrungsmittelsoforthilfe angewiesen sind, mehr als vervierfacht – von 7 Millionen auf fast 40 Millionen.
- Ein Viertel Pakistans, einschließlich eines Großteils des Ackerlandes, steht nach den Überschwemmungen im letzten Sommer immer noch unter Wasser. 14,6 Millionen Menschen benötigen Nahrungsmittelhilfe, von denen 8,6 Millionen von extremer Ernährungsunsicherheit betroffen sind.
Laut der Watchlist ist die Klimakrise eine der drei Hauptursachen für den Bedarf an humanitärer Hilfe. Fragile oder konfliktbetroffene Länder sind ebenfalls sehr anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels. Der Einfluss des Klimawandels auf den weltweiten Hunger ist enorm – bereits jetzt leiden 690 Millionen Menschen (oder 1 von 11 Menschen) auf der Welt an Hunger. Wenn der Klimawandel weiterhin dafür sorgt, dass Menschen Arbeit und Zugang zu Ressourcen verlieren, der landwirtschaftliche Anbau und die Produktion unterbrochen wird und Vertreibungen und Konflikte verstärkt werden, wird sich die Ernährungskrise nur noch verschlimmern. Menschen, die in Konfliktgebieten leben und aus ihren Häusern vertrieben wurden, sind am stärksten gefährdet, darunter auch Frauen und Mädchen: Sie sind einem erhöhten Risiko von Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt. Extreme Wetterereignisse belasten die Wirtschaft und die Infrastrukturen der Menschen und zerstören ihre Gesundheit, ihre Lebensgrundlagen und ihre Fähigkeit, mit zusätzlichen Klimaschocks zurechtzukommen oder sich von ihnen zu erholen.
David Miliband, IRC-Präsident und CEO, sagt:
,,Dieser ernüchternde Bericht des IPCC zeigt, dass die Weltgemeinschaft die steigenden Kosten der Klimakrise vernachlässigt hat, insbesondere für die schwächsten Bevölkerungsgruppen der Welt. In einem Bericht, der auf der COP27 von 55 Ländern vorgelegt wurde, werden die klimabedingten Verluste in den letzten 20 Jahren auf insgesamt 445 Milliarden Euro geschätzt – ein enormer Betrag, der ohne ausreichende Unterstützung für die Gemeinschaften, die die Hauptlast der Krise tragen, weiter steigen wird.
Um die schlimmsten Klima- und Extremwetterkatastrophen einzudämmen, müssen die Länder, die am stärksten zum Klimawandel beitragen, drastische Maßnahmen ergreifen, um die Erderwärmung im Zaum zu halten. Doch die künftigen Gewinne aus den Bemühungen, den Klimawandel einzudämmen, reichen nicht aus, um die schwachen Gemeinschaften zu schützen, die bereits jetzt durch die Auswirkungen geschädigt werden. Solange der Fonds für historische Verluste und Schäden noch in Arbeit und ein neues kollektives quantifiziertes Finanzierungsziel zur Bekämpfung des Klimawandels noch nicht festgelegt ist, sollten Investitionen auf die aktuelle und tatsächliche Realität von extremen Wetterereignissen ausgerichtet sein – und nicht auf Prognosen. Die Weltgemeinschaft sollte ihr lange aufgeschobenes Versprechen einlösen, den Entwicklungsländern jährlich 85 Milliarden Euro an Klimafinanzierung zukommen zu lassen und 50 Prozent dieser Mittel für Klimaanpassungsmaßnahmen bereitzustellen.
Die Klimafinanzierung muss angemessen sein. Nur 5 Prozent der 50 Milliarden Dollar, die die Geberregierungen in die von der Weltbank verwalteten Klimafonds eingezahlt haben, gingen an die zehn am stärksten vom Klimawandel gefährdeten Länder, darunter Niger und Tschad. Nur 13 Prozent gingen an Länder mit niedrigem Einkommen, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass diese Länder Schwierigkeiten haben, Zugang zur Klimafinanzierung zu erhalten. Bemühungen wie die Bridgetown-Initiative sind von entscheidender Bedeutung, um hier Abhilfe zu schaffen. Diese sollten mit einem auf die Menschen ausgerichteten Finanzierungsansatz einhergehen, der mit einem breiteren Spektrum zivilgesellschaftlicher Gruppen wie NROs zusammenarbeiten kann. Solche Gruppen und Organisationen sind oft besser in der Lage, bedürftige Gemeinschaften zu erreichen.
Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen der Welt sind bereits unmittelbar von der Klimakrise betroffen. Sie tragen nicht nur am wenigsten zu den Kohlenstoffemissionen bei, sondern leiden auch unverhältnismäßig stark darunter. Wir müssen die entscheidenden Maßnahmen ergreifen, um den Kurs zu ändern, den wir hier bisher gefahren sind.’’