Sieben Wochen nach der Eskalation der Feindseligkeiten im Libanon fügen wahllose israelische Angriffe auf Zivilist*innen und zivile Infrastruktur, der Einsatz von Sprengstoff in dicht besiedelten Gebieten, unzureichende Evakuierungswarnungen und Massenvertreibungen der Zivilbevölkerung weiterhin großes Leid zu. Solche Handlungen können Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht darstellen, einschließlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese Angriffe können dazu führen, dass ganze Gemeinschaften kollektiv bestraft und geschädigt werden. Dies würde einen Verstoß gegen die Grundsätze der Unterscheidung, der Vorsorge und der Verhältnismäßigkeit darstellen und den Schutz der Zivilbevölkerung untergraben.

 

Wir, die unterzeichnenden humanitären Organisationen, rufen dringend zu einem sofortigen Waffenstillstand auf.

Das humanitäre Völkerrecht muss von allen Konfliktparteien zum Schutz der Zivilbevölkerung eingehalten werden. Wir fordern die internationale Gemeinschaft außerdem dringend auf, klare und zielführende Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Gewalt gegen Zivilist*innen und ziviler Infrastruktur zu verhindern sowie die Urheber von Verstößen gegen das Völkerrecht zur Rechenschaft zu ziehen. Dies ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern ein rechtliches Gebot, das im Libanon und in der gesamten Region zu lange vernachlässigt wurde

Als Einsatzkräfte an vorderster Front im Libanon erleben wir aus erster Hand die verheerenden Auswirkungen auf das Leben der Zivilbevölkerung. Viele vertriebene Familien sind inmitten der anhaltenden Luftangriffe immer noch auf der Suche nach sicheren Unterkünften.

Alle gefährdeten Bevölkerungsgruppen – Kinder, Frauen, ältere Menschen, Flüchtlinge, Migrant*innen und Menschen mit Behinderungen – sind unverhältnismäßig stark betroffen. Sie sind einem erhöhten Risiko von Gewalt, Vertreibung und fehlendem Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen ausgesetzt. Das Trauma, dem diese Gruppen ausgesetzt sind, gefährdet nicht nur ihre unmittelbare Sicherheit, sondern führt auch zu lebenslangen psychischen Belastungen und bedroht langfristig ihr Wohlergehen.

Unser Aufruf an die internationale Gemeinschaft

Libanon befindet sich in der schlimmsten humanitären Krise seit Jahrzehnten. Wir appellieren dringend an die internationale Gemeinschaft und die verantwortlichen Akteure, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Schutz der Zivilbevölkerung nachzukommen und weiteres Leid zu verhindern.

Konkret fordern wir:

1. Einen sofortigen, bedingungslosen und dauerhaften Waffenstillstand im Gazastreifen und im Libanon

Ein Waffenstillstand ist die einzige praktikable Lösung, um das Leid der Zivilbevölkerung zu beenden sowie das Leben der Zivilbevölkerung und wichtige zivile Infrastruktur zu schützen. Wir fordern alle Konfliktparteien auf, den Kreislauf der Gewalt zu beenden und dringend humanitäre Hilfe und wichtige Interventionen zu ermöglichen. Nur so kann den massiven Bedürfnissen der Bevölkerung im Libanon gerecht werden.

2. Schutz von Leben und ziviler Infrastruktur

Alle Konfliktparteien müssen Angriffe beenden und verhindern, die wahllos oder direkt die Zivilbevölkerung und die öffentliche Infrastruktur treffen. Dies inkludiert Wohnhäuser, Schulen, Gesundheitseinrichtungen sowie Wasser- und Stromversorgungssysteme, die für das Überleben und die Würde der Menschen von grundlegender Bedeutung sind.

3. Sofortiger Stopp willkürlicher Vertreibungsbefehle

Die internationale Gemeinschaft muss dringend Druck auf Israel ausüben, damit es seine völkerrechtlichen Verpflichtungen, einschließlich der Menschenrechte und des humanitären Rechts, einhält und Bedingungen vermeidet, die zur willkürlichen Vertreibung von Menschen führen könnten. 

Evakuierungsbefehle müssen angemessen und förmlich kommuniziert werden. Es darf einer Koordinierung mit humanitären Akteuren, um zivile Opfer, Vertreibungen und die weitere Zerstörung von Häusern und Lebensgrundlagen zu verhindern. Alle Konfliktparteien müssen dafür sorgen, dass Zivilist*innen, die bleiben wollen oder nicht gehen können, geschützt werden. Sofortige Maßnahmen sind unerlässlich, um das Recht der Vertriebenen auf Zugang zu grundlegenden Leistungen wie humanitärer Hilfe und wichtigen Dienstleistungen zu wahren und eine weitere Zerstörung der zivilen Infrastruktur zu verhindern. Den Vertriebenen sollte dann die sichere Rückkehr in ihre Häuser ermöglicht werden.

4. Sicherer und ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe

Die sichere Durchreise von humanitären und freiwilligen Helfer*innen sowie Gesundheitspersonal muss gewährleistet sein, auch in Gebieten, für die Vertreibung angeordnet wurde. Der sofortige und ungehinderte Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischer Versorgung, Treibstoff und anderen lebenswichtigen Ressourcen ist unerlässlich, um die Betroffenen zu unterstützen und weiteres Leid zu verhindern.

Die Weltgemeinschaft kann nicht schweigen, wenn die Zivilbevölkerung die Hauptlast der unkontrollierten Gewalt trägt. Wir fordern alle relevanten Akteure – einschließlich aller Staats- und Regierungschef*innen, des UN-Sicherheitsrats, der Generalversammlung und regionaler Akteure -- auf, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand zu erreichen, Zivilist*innen und zivile Infrastrukturen zu schützen und das Völkerrecht einzuhalten. Nur wenn die Rechenschaftspflicht durchgesetzt und dem Recht auf Menschenleben Vorrang eingeräumt wird, kann der Kreislauf der Gewalt durchbrochen werden.

Hinweise an Redaktionen

Die Folgen für die Zivilbevölkerung im Libanon sind verheerend:

Unterzeichnende Organisationen