Berlin, 16. März 2022 — IRC ist äußerst besorgt über die Millionen Einwohner*innen ukrainischer Städte, darunter Mariupol, Tschernihiw, Charkiw, Mykolaiv und Sumy, die bereits vertrieben wurden oder aktive Kampfhandlungen in Städten erleben. Diese Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe und sind einem massiven Sicherheitsrisiko ausgesetzt.
Eine Belagerung wie wir sie aktuell erleben in ukrainischen Städten ist fast immer mit massivem Leid für die Zivilbevölkerung verbunden. Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, einschließlich Angriffe auf die Zivilbevölkerung, kritische Infrastruktur und Verweigerung des humanitären Zugangs werden zur gängigen Praxis. IRC ist insbesondere besorgt, da bereits eklatante Verstöße gegen das Völkerrecht begangen wurden durch gezielte Angriffe auf Evakuierungskorridore und auf Krankenhäuser. IRC fordert eine sofortige lokale Waffenruhe und den Zugang humanitärer Organisationen zu Menschen in den am stärksten betroffenen Gebieten.
Bob Kitchen, IRC-Vizepräsident für Nothilfe, sagt:
"Wir haben schon einmal gesehen, welche humanitären Auswirkungen es hat, wenn Menschen in belagerten Gebieten nicht erreicht werden können. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich dies in der Ukraine wiederholt. Während der Syrienkrise waren in Orten wie Ost-Ghouta, Yarmuk, Karaya, Foah und anderen schwer zugänglichen Orten bis zu 3,4 Millionen Menschen aufgrund der anhaltenden Feindseligkeiten und der Verweigerung des Zugangs zu wesentlichen Dienstleistungen und Grundversorgung nicht erreichbar. Über 3 Millionen Geflüchteten sind bereits aus der Ukraine geflohen. Millionen weiterer Menschen befinden sich im Land und benötigen dringend Hilfe.
Wie bei allen Konflikten sind sowohl Binnenvertriebene als auch Geflüchtete weiterhin die Hauptleidtragende. Die humanitären Auswirkungen dieses Konflikts nehmen mit jedem Tag zu. Wir erleben derzeit die am schnellsten wachsende und größte Vertreibungskrise dieses Jahrhunderts. Unsere Teams vor Ort in Polen berichten, dass Menschen, die die Grenze überqueren, schwer traumatisiert und frierend ankommen. Wir sind äußerst besorgt über die Sicherheitsrisiken für die vielen geflüchteten und binnenvertriebenen Frauen und Kinder. Angesichts der zunehmenden Belagerung städtischer Gebiete ist IRC besonders beunruhigt, dass die gleiche grausame Taktik wie bei der Bevölkerung von Aleppo und Idlib in der Ukraine angewandt wird.”
IRC fordert eine sofortige Einstellung des Konflikts, damit die Menschen in den am stärksten vom Konflikt betroffenen Gebieten mit wichtiger humanitärer Hilfe erreicht werden können. Die Angriffe auf die humanitären Korridore müssen sofort eingestellt werden - alle, die Sicherheit suchen, müssen diese auf sicheren und regulären Wegen erreichen können.
Über Partnerorganisationen in Polen stellt IRC über eine bestehende Hotline Informationsdienste bereit, bietet Rechtsberatung und psychologische Unterstützung an und wird den vertriebenen Menschen den Zugang zu Dienstleistungen (durch Sozialarbeiter*innen, Dolmetscher*innen und Kulturassistent*innen) erleichtern. Über Partnerorganisation in der Ukraine stellt IRC auch Evakuierungsdienste und lebensnotwendige Mittel für die vertriebenen Menschen bereit, je nach individuellem Bedarf. Dazu können Decken, Schlafsäcke, warme Kleidung oder Bargeld gehören.
Interviews:
- Heather Macey, Teamleiterin IRC Polen für die Ukraine-Krise bei International Rescue Committee, steht für Interviews (auf Englisch) zu den möglichen humanitären Auswirkungen der Eskalation in der Ukraine zur Verfügung und kann eine Einschätzung zum Nothilfeeinsatz von IRC geben. Sie befindet sich derzeit vor Ort an der ukrainischen Grenze.
- Harlem Désir, IRC Vizepräsident Europa und Geschäftsführer IRC Deutschland,steht für Interviews (auf Englisch oder Französisch) rund um eine Einschätzung zur Bedeutung des Eskalation für Europa zur Verfügung. Harlem Désir ist früherer französischer Staatsminister für europäische Angelegenheiten und verbrachte drei Amtszeiten als Mitglied des Europäischen Parlaments. Er war letzte Woche vor Ort an der ukrainischen Grenze.
- Stefan Lehmeier, Stellvertretender Regionaldirektor Europäische Programme bei IRC, steht für Interviews (auf Deutsch oder Englisch) zu den möglichen humanitären Auswirkungen der Eskalation in der Ukraine zur Verfügung. Er kann eine Einschätzung zu einem Nothilfeeinsatz von IRC geben. Stefan Lehmeier leitete von 2015 bis 2019 die Programmarbeit von IRC in Deutschland, nun auf Europaebene und betreut(e) somit auch die IRC-Einsätze in Griechenland, Italien und Bosnien/Serbien. Zuvor war er im Südsudan, DR Kongo und Kaukasus für andere Organisationen im Einsatz.
- Lani Fortier, Direktorin für Notfalleinsätze bei International Rescue Committee, steht für Interviews (auf Englisch) zu den möglichen humanitären Auswirkungen der Eskalation in der Ukraine zur Verfügung und kann eine Einschätzung zu einem geplanten Nothilfeeinsatz von IRC geben. Lani Fortier leitet das IRC-Team in Polen, das einen Einsatz vorbereitet.