Berlin, 23. Februar 2022 — Im Anschluss an die jüngste Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine fordert International Rescue Committee (IRC) alle beteiligten Parteien dringend auf, die Krise zu deeskalieren und eine humanitäre Notlage zu vermeiden.
Die Ukraine befindet sich im achten Jahr des Konflikts mit Russland. Jede Eskalation der Situation würde zu einem sprunghaften Anstieg des humanitären Bedarfs führen und könnte eine der größten Vertreibungskrisen der letzten Jahre auslösen. Frühere Kämpfe in der Ukraine haben die zivile Infrastruktur zerstört, wichtige öffentliche Dienstleistungen unterbrochen, zu Nahrungsmittelknappheit geführt und schweres menschliches Leid und Vertreibung zur Folge gehabt. Fast drei Millionen Menschen im Land benötigen humanitäre Hilfe. Viele von ihnen leben in der Ostukraine, wo es bereits zu Ausbrüchen von Gewalt gekommen ist. Alle Seiten müssen sich ernsthaft an den diplomatischen Bemühungen beteiligen, um den Konflikt und das damit verbundene Leid abzuwenden.
In der Zwischenzeit müssen die EU-Mitgliedstaaten die Ukraine und die Nachbarländer dabei unterstützen, ihre Kapazitäten zur Unterstützung von Binnenvertriebenen, Asylsuchenden und Geflüchteten auszubauen. Die Nachbarländer müssen ihrer rechtlichen Verpflichtung nachkommen, angemessene Aufnahmebedingungen zu schaffen und den uneingeschränkten Zugang zu Asylverfahren zu gewährleisten. Längerfristig müssen sich die EU-Mitgliedstaaten auf ein System zur Aufteilung der Verantwortung für Asylbewerber*innen einigen, damit sie auf Vertreibungs- und humanitäre Notsituationen human und wirksam reagieren können.
IRC ist im benachbarten Polen im Einsatz, wo auch viele Ukrainer*innen aufgrund historischer Verbindungen leben. Von Polen aus kann IRC, gemeinsam mit Partnerorganisationen, die Lage und den humanitären Bedarf beurteilen, wenn es zu weiterer Flucht und Vertreibung kommen würde – und bei Bedarf unterstützen.
Lani Fortier, Direktorin für Notfalleinsätze, International Rescue Committee, sagt:
„Eine humanitäre Katastrophe in der Ukraine muss um jeden Preis vermieden werden. Wenn ein Krieg ausbricht, können die Folgen für das ukrainische Volk – und für Europa – gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Sollte der Konflikt weiter eskalieren, könnten Tausende innerhalb des Landes und in den Nachbarländern vertrieben werden. IRC ist äußerst besorgt über eine mögliche Vertreibungskrise mit weitreichenden Folgen für die EU.
Das Letzte, was die Welt braucht, ist ein Wiederaufflammen des Konflikts und eine daraus resultierende humanitäre Katastrophe. Wir müssen alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Mittel einsetzen, um eine Deeskalation und eine politische Lösung zu erreichen. Die EU muss die Ukraine, Polen und andere Nachbarländer dabei unterstützen, die Kapazitäten für die Aufnahme von Vertriebenen aufzustocken und auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten den Kapazitätsaufbau erwirken.
Eine Krise an Europas Grenzen macht die seit langem erhobene Forderung nach einer nachhaltigen, humanen und verantwortungsvollen Migrations- und Asylpolitik auf EU-Ebene nur noch dringlicher. Eine gemeinsame europäische Anstrengung ist in dieser Hinsicht unerlässlich - sowohl um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen als auch um menschliches Leid in der Gegenwart zu vermeiden.“
IRC reagiert seit 2015 auf humanitäre Krisen in Europa, wo wir Nothilfe in Griechenland einleiteten und die Arbeit in Serbien wiederaufnahmen. Unsere Teams versorgten Flüchtlinge und Migrant*innen mit Wasser, Gesundheits- und Sanitärversorgung sowie psychosozialer Hilfe. Seitdem leistet IRC auch in Deutschland (2016), Italien (2017) und Bosnien-Herzegowina (2020) Unterstützung für Geflüchtete und Migrant*innen. Seit dem vergangenen Jahr arbeitet IRC auch mit Geflüchteten und lokalen Gemeinden im Vereinigten Königreich im Bereich Integration zusammen.