Drei Jahre nach der Eskalation des Ukrainekriegs wirkt sich der Konflikt weiterhin verheerend auf das Leben von Millionen Menschen aus. 12,7 Millionen Menschen sind heute auf humanitäre Hilfe angewiesen. Tausende von Ukrainer*innen sind aufgrund des unerbittlichen Beschusses und der fortschreitenden Kampfhandlungen gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. In Gebieten, die sich der Kontrolle der Regierung entziehen, leiden eine Million Menschen unter katastrophalen humanitären Bedingungen. Doch der Zugang für Hilfsorganisationen ist weiterhin stark eingeschränkt. 

Angesichts des anhaltenden Kriegs bleiben finanzielle Unsicherheit, psychische Unterstützung und Sicherheit die größten Sorgen der Betroffenen. 45 Prozent der von International Rescue Committee (IRC) befragten Menschen berichteten, dass sie mit ihrem Einkommen nicht ihren Grundbedürfnisse decken können. Ein Drittel der Bevölkerung kann sich keine medizinische Versorgung leisten und ebenso viele Menschen sind auf die Behandlung durch mobile Kliniken angewiesen. Nahezu 90 Prozent der Familien, die an den Fronten leben, berichten von schweren psychischen Problemen zu Hause. Gleichzeitig deuten Berichte auf wachsende Spannungen zwischen Vertriebenen und lokalen Gemeinden hin, die durch die anhaltende wirtschaftliche und emotionale Kriegsbelastung verursacht werden.

Tamara und Anatolii, ein Ehepaar aus Pokrowsk, erzählen:

„Als die Stadt angegriffen wurde, suchten wir Schutz im Keller. Es war entsetzlich. Manchmal lagen wir auf dem Boden und warteten darauf, dass der Beschuss aufhörte. Dann riefen wir unsere Angehörigen an und fragten: ,Seid ihr am Leben?’ Die Angst war unerträglich. Wir versuchten zu überleben, aber ohne Gas, mit wenig Wasser und den ohrenbetäubenden Explosionen in jeder Nacht war das unmöglich. Ein Nachbarhaus wurde zerstört und wir wussten, dass wir das nicht überleben würden. Allein die Angst würde uns umbringen. Also gingen wir, in der Hoffnung, endlich schlafen zu können.“

Alain Homsy, IRC-Landesdirektor für die Ukraine, sagt:

„Die humanitären Bedürfnisse in der Ukraine werden noch lange nach dem Kriegsende fortbestehen. Der Bedarf an humanitärer Hilfe endet nicht, wenn die Schlagzeilen verblassen  Solidarität hat kein Verfallsdatum.

Der Krieg geht nun ins vierte Jahr. IRC fordert die internationale Gemeinschaft auf, sich weiterhin für die Menschen in der Ukraine zu engagieren. Es braucht eine kontinuierliche Finanzierung, damit humanitäre Hilfe ohne Unterbrechung fortgesetzt werden kann.“

Methodologie

Die Schutzanalyse basiert auf Sekundär- und Primärdaten, die im Rahmen des Protection Monitoring im letzten Quartal 2024 erhoben wurden. Im Rahmen dieses Zyklus führte das IRC Protection Monitoring Team 1080 Haushaltsbefragungen mit Personen ab 18 Jahren durch. Darüber hinaus wurden 487 Interviews und vier Fokusgruppendiskussionen durchgeführt. Um diese Ergebnisse zu ergänzen und zu triangulieren, führte das MEAL (Monitoring, Evaluation, Accountability, and Learning) Team zehn Fokusgruppendiskussionen in ländlichen und städtischen Gebieten der Regionen Kherson und Mykolaiv durch. Das Monitoring wurde in den Regionen Mykolaiv, Kherson, Dnipro, Odessa, Kharkiv und Zaporizhia durchgeführt.