Nairobi, Kenia, 8. November 2022 — Hilfsorganisationen im kenianischen Flüchtlingslager Dadaab geraten zunehmend unter Druck: In den letzten Jahren sind mehr als 55.000 Geflüchtete aus Somalia eingetroffen, die vor Dürre und Konflikten fliehen. Allein in diesem Jahr sind etwa 20.000 gekommen. Die extreme Dürre in Somalia und in ganz Ostafrika hält an und die Unterstützung für die betroffenen Gemeinden wird nicht ausreichend angepasst. Bis Anfang 2023 wird mit der Neuankunft von insgesamt 120.000 Geflüchteten im Flüchtlingslager Dadaab gerechnet. IRC ruft angesichts der knappen Ressourcen die internationalen Entscheidungsträger*innen dazu auf, die Finanzierung und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Dürre in der gesamten Region aufzustocken.
Fehlende Grundversorgung, starke Überbelegung und ein chronischer Mangel an Finanzmitteln verursachen eine ernste Gesundheitskrise. Seit 2016 wurden keine somalischen Asylbewerber*innen mehr registriert, weil die Zahl der Geflüchtete die verfügbaren Ressourcen für ihre Erfassung übersteigt. Jetzt muss die humanitäre Hilfe aufgestockt werden, um den Bedarf der neu ankommenden Geflüchteten und Geflüchteten, die schon mehrere Jahre in Dadaab aufhalten, sowie der Aufnahmegemeinschaften zu decken, die weiterhin unter der Dürre leiden.
Mohamed El Montassir Hussein, IRC-Landesdirektor für Kenia, sagt:
,,In Dadaab leben pro Fläche die meisten Geflüchteten in ganz Afrika. Die Bevölkerung ist fast dreimal so groß wie ursprünglich geplant: IRC-Teams in Dadaab können den aktuellen Bedarf nicht mehr decken. Hunderttausende Somalier*innen werden am Zufluchtsort Kenia dieses Jahr keine lebensrettende Hilfe erhalten, wenn Ernährungs- und Gesundheitskrisen in Dadaab nicht erfolgreich bewältigt werden.
Die internationale Gemeinschaft muss sicherstellen, dass sofortige Finanzmittel eingesetzt werden, um sieben Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, zu unterstützen.”
Ralph Achenbach, IRC Deutschland Geschäftsführer, ergänzt:
,,Über 200.000 Menschen leiden allein in Somalia bereits an extremem Hunger. Doch was in Somalia passiert, zeigt sich in der gesamten Region: Bis Februar 2023 könnten bis zu 26 Millionen Menschen in Ostafrika von extremer Hungersnot betroffen sein, wenn die Hilfe nicht drastisch und unverzüglich aufgestockt wird. Die Menschen sterben nicht nur, weil es nicht genug zu Essen gibt. Sie sterben auch, weil ihre geschwächten Immunsysteme Krankheiten wie Durchfall, Masern oder Malaria nicht abwehren können.
Für hunderttausende Menschen wird es bereits zu spät sein, wenn die Hungersnot ausgerufen wird, auch wenn die offizielle Ausrufung einer Hungersnot unmittelbar bevorsteht. Das haben wir zuletzt bei der Hungerkatastrophe 2017 gesehen. Wir müssen jetzt handeln, um humanitäre Hilfe in vollem Umfang zu leisten und Leben zu retten. Mit jedem Tag Verzögerung sterben mehr Menschen.
Um die Hungersnot in Ostafrika einzudämmen und Finanzierungsengpässe zu vermeiden, sollten NGOs und Partnerorganisationen vor Ort direkt finanziert werden. Finanzmittel müssen flexibel eingesetzt werden: Die Bundesregierung sollte es Organisationen ermöglichen, laufende Maßnahmen so umzuschichten, dass auf akute Bedarfe reagiert und Hungersnöte verhindert werden können.”
In Ostafrika läuft eines der weltweit ältesten Programme von IRC: In Somalia ist IRC seit über 40 Jahren, in Kenia seit 30 Jahren und in Äthiopien seit 20 Jahren tätig. Heute sind mehr als 2.000 IRC-Mitarbeiter*innen in der Region damit beschäftigt, unsere Programme aufzustocken, um der aktuellen Dürre und der zunehmenden Ernährungsunsicherheit zu begegnen, einschließlich der Ausweitung auf neue Gebiete, um die akuten Bedarfe zu decken.
Die aktuelle Programmarbeit von IRC in Kenia konzentriert sich auf die Gesundheitsversorgung für Geflüchtete und Aufnahmegemeinschaften. Derzeit bietet IRC COVID-19-Impfungen und Sensibilisierungskampagnen zur Verringerung der Impfmüdigkeit an, Überwachung und Behandlung von Patient*innen mit nicht-übertragbaren Krankheiten, psychische Gesundheit und psychosoziale Unterstützung, Mütter-, Reproduktions- und HIV-Dienste, Ernährungsbeurteilungen und Programme zur Bekämpfung akuter Unterernährung, Programme zur Bekämpfung und Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt, Berufsausbildung und finanzielle Unterstützung.