COVID-19 breitet sich im kriegsgebeutelten Jemen aus, während Nahrungsmittel und Wasser immer knapper werden, die Zahl der Cholera-Fälle steigt und die Zivilbevölkerung von Bomben getroffen wird, die im Konflikt zwischen der Huthi-Bewegung und der saudi-arabisch angeführten Militärkoalition abgeworfen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass die internationale humanitäre Hilfe in Jemen auf ein alarmierendes Tief gesunken ist. Zwei Drittel der 30 Millionen Menschen des Landes sind auf die Bereitstellung von Lebensmitteln angewiesen. Die Zahl der unterernährten Kinder im Jemen könnte um 20 Prozent steigen.
Die Teams von International Rescue Committee arbeiten unermüdlich daran, die weitere Verbreitung des Coronavirus aufzuhalten. Wir stellen Schutzausrüstung, sauberes Wasser sowie sanitäre Einrichtungen bereit und klären über COVID-19-Symptome und Präventationsmaßnahmen auf.
Hier sind acht wichtige Fakten über die Lage in Jemen:
Rasante Ausbreitung von COVID-19
Das jemenitische Gesundheitssystem ist nach fünf Jahren Krieg praktisch zusammengebrochen, was die Ausbreitung des Coronavirus begünstigt. Menschen, die aus ihren Häusern vertrieben wurden, leben in beengten Behelfsunterkünften. Es gibt nur extrem begrenzte Testkapazitäten. Die meisten Patient*innen, die getestet werden, zeigen bereits schwere Symptome. Die COVID-19-Todesrate in Jemen ist fünfmal höher als der weltweite Durchschnitt. Gesundheitsexpert*innen schätzen, dass sich Millionen Menschen infizieren werden und rechnen im schlimmsten Fall mit 85.000 Todesfällen.
Die Welt wendet sich ab
Inmitten der Pandemie sind Hilfsorganisationen gezwungen, lebensrettende Hilfe aufgrund von Finanzierungsengpässen auszusetzen. Die Vereinten Nationen mussten 75 Prozent ihrer Programme in Jemen einstellen. Andere Staaten haben ihre Finanzhilfen gekürzt. Die jüngste Geberkonferenz für Jemen blieb rund 1 Milliarde US-Dollar hinter dem Ziel zurück. „Ohne Finanzhilfen droht Jemen der Kollaps,“ warnt Mark Lowcock, Leiter des UN-Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA).
Immer mehr Kinder von Unterernährung bedroht
Jemens Wirtschaft bricht zusammen. Der Wert des Riyal sinkt. In der Stadt Aden sind die Lebensmittelpreise beispielsweise um 35 Prozent gestiegen. Laut UNICEF könnte die Zahl unterernährter jemenitischer Kinder bis Ende 2020 um 20 Prozent steigen. Damit wären 2,4 Millionen Kinder durch Hunger bedroht. Fünf Millionen Jemenit*innen unter 5 Jahren werden keinen Zugang zu Impfstoffen gegen tödliche Krankheiten haben.
Die nächsten Monate werden entscheidend sein
Diesen Sommer sind 23.000 Kinder davon bedroht an akuter Unterernährung zu sterben, sollten nicht sofort Mittel für Gesundheits- und Ernährungshilfe bereitgestellt werden. Seit Juli haben mehr als acht Millionen Menschen, darunter drei Millionen Kinder, keinen Zugang mehr zu Wasser und sanitären Einrichtungen. Ab August werden zweieinhalb Millionen unterernährte Kinder keine Essensrationen mehr erhalten.
Zivilist*innen unter Beschuss
Die Kämpfe um die Kontrolle in Jemen haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Im Mai trafen mehr als die Hälfte der Bombenangriffe, bei denen das Ziel identifiziert werden konnte, Zivilist*innen oder zivile Infrastruktur. Die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen sind zerstört; in 18 Prozent der 333 Distrikte des Landes gibt es keine Ärzt*innen.
Reiche Länder haben zu dieser Katastrophe beigetragen
Globale und regionale Mächte, wie die USA, Großbritannien, Frankreich und andere Länder – darunter auch Deutschland – liefern Waffen an Kriegsparteien, wodurch weiterhin unschuldige Menschen getötet und Gesundheitseinrichtungen und Schulen zerstört werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft ihren Einfluss und ihre Ressourcen nutzt, um den Konflikt zu lösen, nicht um ihn zu schüren - so dass die Verantwortlichen für Völkerrechtsverletzungen in Jemen zur Rechenschaft gezogen werden können.
Jetzt ist der Moment, zu handeln
International Rescue Committee fordert die unverzügliche Umsetzung eines landesweiten Waffenstillstands, damit humanitäre Organisationen auf die Pandemie und andere tödliche Krankheiten reagieren können und ein drohender Hungertod verhindert werden kann. Geber, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen auf der ganzen Welt müssen sich besser abstimmen im Einsatz für die jemenitische Bevölkerung. Finanzielle Mittel für lebensrettende Programme wie die von IRC müssen aufgestockt und unverzüglich bereitgestellt werden.