Angesichts der bevorstehenden UN-Sicherheitsratsversammlung nächste Woche zur Abstimmung über die Verlängerung der Resolution 2672 fordert International Rescue Committee (IRC) die Mitglieder auf, die UN-Resolution zur grenzüberschreitenden Hilfe um mindestens 12 Monate zu verlängern. Der Mechanismus läuft nächsten Montag am 10. Juli aus. Sollte es zu keiner Verlängerung kommen, würde das verheerende Auswirkungen nach sich ziehen, warnt IRC.   

Seit 12 Jahren nehmen die humanitären Bedarfe in Syrien stetig zu. Seit 2014 ist dieser Mechanismus eine lebenswichtige Hilfe für bedürftige Gemeinschaften im Nordwesten Syriens, von denen mehr als 90 Prozent auf kontinuierliche humanitäre Hilfe zum Überleben angewiesen sind. Heute sind 2,7 Millionen Menschen jeden Monat auf den grenzüberschreitenden UN-Hilfsmechanismus angewiesen, um ihre Grundbedarfe zu decken, darunter Zugang zu Nahrung, Unterkunft und Gesundheitsversorgung. 

Fast 6 Monate nach den verheerenden Erdbeben in der Südtürkei und Nordsyrien sind die humanitären Bedarfe höher als je zuvor. Fast 2 Millionen Menschen leben weiterhin unter katastrophalen Bedingungen und das sowohl in offiziellen als such inoffiziellen Lagern im Nordwesten Syriens. Viele haben nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung, sauberem Wasser oder Strom. Seit den Erdbeben Anfang Februar haben über 2.600 UN-Lastwagen die Grenze zur Türkei nach Nordwestsyrien überquert, um lebensrettende Hilfsgüter zu liefern. 

In den vergangenen Jahren hat die UN-Resolution den grenzüberschreitenden Hilfsmaßnahmen 12 Monate Sicherheit geboten. Dieser Zeitrahmen ist entscheidend, um die Hilfe über den Winter hinweg sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass NGOs die erforderliche Sicherheit haben, um Personal einzustellen und zu binden, Vorräte zu beschaffen und langfristige Programme durchzuführen, einschließlich Projekte zur Frührehabilitation. Ein kürzerer Zeitraum von 6 Monaten führt dazu, dass die humanitäre Hilfe an die Resolution angepasst wird, anstatt an die humanitären Bedarfe. Das übt zusätzlichen Druck auf die Menschen im Nordwesten Syriens aus. 

Tanya Evans, IRC-Landesdirektorin für Syrien, sagt: 

,,Der vom UN-Sicherheitsrat genehmigte grenzüberschreitende UN-Hilfsmechanismus bildet das Rückgrat der humanitären Hilfe im Nordwesten Syriens. Ohne ihn wären die Folgen verheerend. Der derzeitige grenzüberschreitende Einsatz erreicht mehr als 65 Prozent der bedürftigen Menschen jeden Monat. Über eine Million Menschen könnten Gefahr laufen, ihre einzige Nahrungsquelle zu verlieren. 

IRC ist seit 2012 in Syrien tätig. In vielerlei Hinsicht war es aber noch nie so komplex wie heute. Mit der dreizehnjährigen Krise in Syrien, ist das Ausmaß, die Schwere und die Komplexität der Bedarfe im ganzen Land enorm. Die Fähigkeit betroffener Familien, ohne Unterstützung zurechtzukommen, ist quasi nicht-existent. Es geht hier aber nicht nur darum, lebenswichtige Güter über die Grenze zu liefern. Der grenzüberschreitende UN-Hilfsmechanismus stellt auch sicher, dass syrische und internationale NGOs über den Syria Cross-border Humanitarian Fund auf wichtige finanzielle Mittel zugreifen können. Er stellt auch sicher, dass Gemeinschaften mit Würde auf Hilfe zugreifen können. 

Mit dem weiter steigenden humanitären Bedarf ist mehr Zugang, nicht weniger, erforderlich. Wie uns ein Klient, den wir im Nordwesten unterstützen, letzte Woche sagte: ,Die Auswirkungen auf mich und meine Gemeinschaft werden von solch enormem Ausmaß sein. Wir haben keine Ressourcen in dieser Region. Es gibt keinen anderen Weg, der unsere Bedürfnisse wie die Resolution erfüllen könnte.’ 

Wir möchten dem UN-Sicherheitsrat mit Nachdruck darum bitten, die grenzüberschreitende Hilfe für mindestens weitere 12 Monate und in einem Umfang, der den Bedarfen entspricht, erneut zu genehmigen. Alles andere würde Syrer*innen signalisieren, dass der Rat bereit ist, unnötiges Leiden und Verluste in Kauf zu nehmen.” 

Auch das Gesundheitssystem im Nordwesten Syriens wurde erheblich von dem Erdbeben beeinträchtigt, wodurch die Gesundheitseinrichtungen massive Schaden erlitten haben. Mindestens 55 Einrichtungen sind betroffen und 15 von ihnen mussten ihre Arbeit einstellen. Das hat das ohnehin fragile Gesundheitssystem stark belastet, in dem bereits vor dem Erdbeben ein Drittel aller Krankenhäuser und fast die Hälfte der Primärversorgungseinrichtungen in Syrien nicht funktionstüchtig waren. 

Der grenzüberschreitende UN-Hilfsmechanismus spielt eine wichtige Rolle, bei der Sicherstellung verschiedener grundlegender Aspekte der Gesundheitsversorgung. Er garantiert die Lieferung von Impfstoffen, ermöglicht die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheitsausbrüchen und erleichtert den Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln. In einer Zeit, in der vermutete Cholera-Fälle weiter zunehmen, ist IRC äußerst besorgt über mögliche Störungen bei der Reaktion. 

Dr. Mohammad Al Jasem, IRC-Gesundheitskoordinator für Syrien, sagt:  

,,Wird die Resolution 2672 des UN-Sicherheitsrats nicht verlängert, hätte das schwerwiegende Auswirkungen auf das Gesundheitssystem im Nordwesten Syriens. Jeden Tag stehen wir vor einer Vielzahl von anhaltenden Notfällen und Herausforderungen, darunter Krankheitsausbrüche, Mangel an geschultem medizinischem Personal und Störungen bei der Beschaffung der benötigten Medikamente und Ausrüstungen. Das Gesundheitssystem, das 

derzeit von der Koordination mehrerer NGOs abhängig ist, läuft Gefahr, bei Nichtverlängerung der Resolution entscheidende finanzielle Unterstützung zu verlieren. Das hätte tiefgreifende Folgen, einschließlich einer weiteren Einschränkung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung für beispielsweise bereits erkrankte Menschen."   

IRC fordert den UN-Sicherheitsrat auf, die bedürfnisorientierte Hilfslieferung an Syrer*innen - unabhängig davon, wo sie sich befinden - zu priorisieren. Wir fordern die erneute Genehmigung der grenzüberschreitenden Resolution und ihre Verlängerung um mindestens 12 Monate. 

IRC in Syrien

IRC ist seit 2012 in Syrien tätig und reagiert auf Bedarfe im Nordwesten und Nordosten Syriens. IRC fördert die wirtschaftliche Teilhabe der Bevölkerung durch Ausbildungsprogramme und die Unterstützung kleiner Unternehmen. IRC-Teams unterstützen die frühkindliche Entwicklung und bieten Beratung und Schutzdienste für Frauen und Kinder, insbesondere für Überlebende von geschlechtsspezifischer Gewalt. Wir verschaffen auch Gesundheitseinrichtungen und mobilen Gesundheitsteams Abhilfe, indem wir sie mit wichtigen psychosozialen sowie primärer, reproduktiver und psychischer Gesundheitsversorgung ausstatten. Die Cholera-Reaktion von IRC umfasst die Bereitstellung von wesentlichen Materialien für Cholera-Prävention, -Kontrolle und -Behandlung sowie Schulungen des lokalen Gesundheitspersonals zur Fallerkennung, -behandlung und -überweisung. Darüber hinaus bietet IRC Informationen zum Thema Gesundheits- und Hygienebewusstsein durch Hausbesuche an. IRC unterstützt auch syrische Geflüchtete in den benachbarten Ländern Libanon und Jordanien.