Die Schwarzmeer-Getreide-Initiative muss um 12 Monate verlängert werden, um Millionen von betroffenen Menschen von extremer Hungersnot und Dürre in Somalia, Äthiopien und Kenia zu unterstützen
Bisher sind nur 10 Prozent des im Rahmen der Initiative ausgeführten Getreides in die fünf einkommensschwachen Länder Afghanistan, Äthiopien, Somalia, Sudan und Jemen geflossen, während Spanien beispielsweise die doppelte Menge erhalten hat
Die Inflation der Lebensmittelpreise ist in den Ländern, die in diesem Jahr am stärksten von einer humanitären Katastrophe bedroht sind, derzeit doppelt so hoch (fast 40 Prozent) wie im Rest der Welt (18 Prozent)
Nairobi, Kenia, 16. März 2023 — Die von den Vereinten Nationen ausgehandelte Schwarzmeer-Getreide-Initiative stellt sicher, dass lebensrettendes Getreide von der Ukraine und der Region Dutzende nahrungsmittelknappe Länder weltweit erreicht. Die Initiative läuft am 18. März aus. International Rescue Committee (IRC) fordert eine Verlängerung um 12 Monate, um den Hunger in den am stärksten von Nahrungsmittelknappheit betroffenen Ländern zu bekämpfen.
Die Lieferung von Getreide hängt entscheidend von der Erneuerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative ab. Die Initiative muss erneut und die Prioritäten für den Export müssen festgelegt werden, um die weltweiten Lebensmittelpreise die Anfälligkeit der bereits von der Dürre betroffenen Bevölkerung nicht weiter erhöhen zu lassen und eine Hungersnot in Ostafrika abzuwenden. Die hochrangige Task Force zur Verhinderung von Hungersnöten (High-Level Task Force on Famine) muss wiederbelebt und den Zugang zu lebensrettender Behandlung gegen Unterernährung erleichtert werden.
IRC ruft die Vereinten Nationen dazu auf:
- Eine sofortige Verlängerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative um 12 Monate, um Stabilität auf dem globalen Nahrungsmittelmarkt zu schaffen. Das trägt dazu bei, den Druck auf die Nahrungsmittelpreise zu verringern und die Spekulationen mit Getreidetermingeschäften einzuschränken, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass das über diesen Mechanismus exportierte Getreide die bedürftigsten Länder erreicht.
- Die hochrangige Task Force zur Verhinderung von Hungersnöten wieder zu aktivieren und dabei den am stärksten gefährdeten Ländern Priorität einzuräumen: Somalia, Äthiopien, Kenia, Südsudan und Sudan. Die Mitgliedschaft der Task Force sollte erweitert werden und jedes Jahr eng mit den betroffenen Staaten und der Bevölkerung zusammenzuarbeiten. Die Task Force sollte sich darauf konzentrieren, den politischen Willen zur Reaktion auf ein Hungerrisiko zu wecken, Investitionen in großem Umfang zu mobilisieren, um auf Frühwarnsysteme zu reagieren, und kollektive Maßnahmen der gesamten internationalen Gemeinschaft zu koordinieren.
- Verbesserung des Zugangs akut unterernährter Kinder zu lebensrettenden Behandlungen durch die Einführung vereinfachter, wirksamer und effizienter Ansätze. Sechzig Millionen Kinder unter 5 Jahren leiden an akuter Unterernährung, darunter 18 Millionen Kinder, die in Konflikt- und Krisengebieten leben. Speziell in Somalia leidet die Hälfte aller Kinder an akuter Unterernährung: Zwei Millionen Kinder sterben jedes Jahr. In den letzten zehn Jahren hat IRC ein vereinfachtes Behandlungsprotokoll (kombiniertes Protokoll) entwickelt, die von den Gesundheitshelfenden der Gemeinden durchgeführt werden können. In einer kürzlich vom IRC in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium von Mali durchgeführten Studie wurden mehr als 27.000 Kinder mit dem vereinfachten Protokoll behandelt. Die Heilungsraten lagen bei über 90 Prozent, während die Behandlungskosten für ein schwer unterernährtes Kind um 21 Prozent gesenkt wurden.
Shashwat Saraf, IRC-Nothilfedirektor für Ostafrika, sagt:
,,Es ist absolut wichtig, dass die UN die Schwarzmeer-Getreide-Initiative um 12 Monate verlängert, bevor es am 18. März ausläuft. Länder in ganz Ostafrika sind darauf angewiesen, da sie mit der schwersten Hungerkrise unserer Zeit konfrontiert sind. Somalia steht am Rande einer Hungersnot und ist mit einer noch nie dagewesenen Dürre konfrontiert. Kenia und Äthiopien weisen unglaublich alarmierende Hungerstatistiken auf. Ohne eine Erneuerung des Getreideabkommens wird Somalia wahrscheinlich schneller eine Hungersnot erreichen und Kenia und Äthiopien werden weiter leiden.
Neben der Erneuerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative müssen die Vereinten Nationen auch ihre hochrangige Task Force zur Verhinderung von Hungersnöten wiederbeleben, indem sie den sechs am stärksten gefährdeten Ländern Priorität einräumen und Mittel mobilisieren, um Hungersnöte so früh wie möglich abzuwenden. Sie sollten auch den Ansatz von IRC zur Behandlung von Unterernährung übernehmen: das kombinierte Protokoll. Ich habe diesen Ansatz mit eigenen Augen gesehen. Ich habe gesehen, wie er Hunderten von Kindern das Leben gerettet hat. Er funktioniert und ist billiger. Es sollte keinen Grund geben, warum wir diesen Ansatz nicht in großem Maßstab anwenden.”
Ostafrika beherbergt einige der am längsten laufenden Programme von IRC weltweit, mit Einsätzen in Somalia seit über 40 Jahren, in Kenia seit drei Jahrzehnten und in Äthiopien seit 20 Jahren. Heute stocken mehr als 2.500 IRC-Mitarbeitende in der Region unsere Programme auf, um der Dürre und Ernährungsunsicherheit zu begegnen. Wir weiten unsere Arbeit auch auf neue Gebiete aus, um den akuten Bedarf zu decken. Einsatzbereiche von IRC sind der Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser und sanitären Einrichtungen sowie Bargeld- und Schutzleistungen.